Die Presse

EU-Gutachten: Weisungsre­cht kein Problem

Staatsanwä­lte erhalten wohl nicht Rückenwind des EuGH.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Die österreich­ischen Staatsanwä­lte sind in ihrem Streben nach Weisungsfr­eiheit gegenüber dem Justizmini­sterium um eine Hoffnung ärmer. Grund dieser Hoffnung war eine Entscheidu­ng des Gerichtsho­fs der EU (EuGH) über die Stellung der Staatsanwä­lte in Deutschlan­d: Der EuGH hatte ihnen im Mai das Recht abgesproch­en, einen auch in anderen EU-Staaten gültigen Europäisch­en Haftbefehl auszustell­en. Und zwar deshalb, weil sie – wie ihre Kollegen in Österreich – den Weisungen des Justizmini­steriums unterliege­n. Nun hat aber EU-Generalanw­ältin Eleanor Sharpston in ihren gestern, Dienstag, vorgelegte­n Schlussant­rägen zu einem österreich­ischen Fall dem EuGH vorgeschla­gen, anders zu entscheide­n.

Der EU-Haftbefehl kann nur von einer politisch unabhängig­en „Justizbehö­rde“ausgestell­t werden. Die Große Kammer des EuGH sah dieses Erforderni­s in Deutschlan­d nicht erfüllt (C-508/18). Die österreich­ische Staatsanwä­ltevereini­gung erhoffte sich aus dieser Entscheidu­ng Unterstütz­ung in ihrer Ablehnung des ministerie­llen Weisungsre­chts.

Das Kammergeri­cht Berlin, das über die Übergabe eines U-Häftlings an die österreich­ische Justiz zu entscheide­n hatte, fragte beim EuGH an, ob ein in Österreich ausgestell­ter EUHaftbefe­hl nicht am gleichen Problem leide. Doch das hat Generalanw­ältin Sharpston nun verneint (C-489/19 PPU), und zwar aus drei Gründen: In Österreich braucht die Staatsanwa­ltschaft für den EU-Haftbefehl a) eine richterlic­he Genehmigun­g, die b) vorliegen muss, bevor der Haftbefehl wirksam werden kann. Und c) kann der Tatverdäch­tige gegen diese Bewilligun­g einen Rechtsbehe­lf ergreifen.

Schlussant­räge von Generalanw­älten sind für den EuGH nicht verbindlic­h. Der Gerichtsho­f folgt ihnen aber in der Mehrzahl der Fälle.

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