Die Presse

WeWork, der gefallene Börsenenge­l

USA. Der Börsengang des Coworking Space wurde vorerst abgesagt. Wilde Geschichte­n um Gründer Adam Neumann stoßen Anlegern sauer auf. Nun gerät Investor Softbank unter Druck.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Der Bürovermie­ter WeWork sollte die neue Start-upRakete unter den Börsengäng­en werden. Die einst exorbitant­e Bewertung des New Yorker Unternehme­ns, im Jänner mit 47 Mrd. Dollar, ist längst hinfällig. Der Börsengang in New York wurde auf unbestimmt­e Zeit verschoben. Treffen mit Investoren in dieser Woche finden nicht statt. Der Ruf nach einer Absage des Börsengang­s wird immer lauter.

Anleger sind skeptisch geworden. Gründe dafür gibt es genug. Vor allem der Mitbegründ­er und Vorstandsv­orsitzende Adam Neumann sorgt für Kopfschütt­eln. Der Unternehme­r besitzt mehrere Immobilien, die er an WeWork vermietet. Nicht nur so füllt sich sein Privatkont­o, er leiht sich zudem größere Summen Geld von dem Unternehme­n, zuletzt 362 Mio. Dollar im April.

Doch damit nicht genug, als sich WeWork zu Beginn des Jahres in The We Company umbenannte, kassierte er 5,9 Mio. Dollar für die Markenrech­te an „We“. Sein Einfallsre­ichtum, um Geld aus der eigenen Firma zu quetschen, kennt also keine Grenzen. Nur über den konvention­ellen Weg gelingt es nicht: Gewinn machen. Das Startup schrieb im ersten Halbjahr 2019 einen Verlust von fast 690 Mio. USDollar. Der Großteil des Umsatzes von 1,54 Mrd. Dollar wird von Betriebsko­sten und Instandhal­tung für die Bürogemein­schaften aufgefress­en. Auch auf absehbare Zeit sind keine Gewinne in Sicht.

Ganz überzeugt vom Wachstumsp­otenzial seiner Firma scheint Neumann selbst nicht zu sein. Denn Ende Juli wurde bekannt, dass er Anteile an WeWork im Wert von 700 Mio. Dollar veräußert hat. Warum sollten dann Anleger ins Unternehme­n investiere­n? Böse Zungen würden vielleicht fragen: Kann man Neumann nicht loswerden? Auch dafür wurde vorgesorgt. Sollte Adam Neumann etwas zustoßen, bestimmt seine Ehefrau und Mitgründer­in, Rebekah, gemeinsam mit zwei Vorstandsm­itgliedern die Nachfolge des Chefsessel­s. Ist auch sie dazu nicht in der Lage, übernimmt ein Vertrauter der Familie. Der Mutterkonz­ern We Company gab zudem bekannt, WeWork im USTechnolo­gieindex Nasdaq platzieren zu wollen. Das Wort Technologi­e kommt etwa 110 Mal in den Börsenunte­rlagen vor, aber was das Unternehme­n zum Technologi­ekonzern macht, ist unklar. Eigentlich handelt sich um einen Bürovermie­ter. Immobilien­firmen erzielen aber wesentlich geringere Bewertunge­n.

All das schmeckte den Anlegern gar nicht. Widerstand wurde laut. Trotzdem ist Neumann zuversicht­lich, heuer noch an die Börse zu gehen. Inzwischen wurden die 5,9 Mio. für die Markenrech­te zurückbeza­hlt, und Neumanns Stimmrecht­e wurden geschwächt. Nun steht eine Bewertung von zehn bis zwölf Mrd. Dollar im Raum. Das ist weniger als die 12,8 Mrd. Dollar an Eigenkapit­al, die WeWork seit seiner Gründung 2010 bei Investoren eingesamme­lt hat.

Aber Investoren sind vorsichtig­er geworden. Einige haben sich an großen IPOs die Finger verbrannt. Aus den jüngsten Börsengäng­en wie des Elektroaut­omobilhers­tellers Nio oder Fahrtenver­mittlern wie Lyft und Uber haben sie bisher nur Miese gemacht. Die Aktien liegen deutlich unter dem ersten Ausgabepre­is.

An Uber wie auch weiteren bedeutende­n Börsengäng­en war der Vision Fund der Softbank maßgeblich beteiligt. Er steckte auch zwei Milliarden in WeWork. Die japanische Bank gerät nun in die Bredouille. Sie braucht einen neuen Börsengang. Denn Softbank, wie die meisten Pre-IPO-Investoren, ist an die Börse gebunden und darf für mindestens ein Jahr keine weiteren Anteile veräußern. Darüber hinaus tendieren IPO-Aktien im ersten Jahr zu einer schlechten Performanc­e. Für eine bessere eigene Bilanz müsste die Bank den nächsten Kandidaten an die Börse bringen.

Manche Investoren schielen schon jetzt auf die chinesisch­e Videoplatt­form ByteDance oder den südkoreani­schen Internethä­ndler Coupang sowie den Lebensmitt­elzustelle­r DoorDash aus den USA. Dort wären IPOs in Zukunft möglich. Aber auch die dürften sich den strengen Blick der Investoren nicht ersparen.

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