Suche nach den grünen Hebeln
Die Logistik bemüht sich, das Image einer wenig nachhaltigen Branche abzulegen. Ein Überblick über diverse Initiativen.
Das Bewusstsein, dass es auch in der Transportlogistik nachhaltige Ansätze braucht, ist schon seit einigen Jahren da, aber jetzt erst so richtig in den Fokus gerückt“, sagt Wolfgang Kubesch, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik Österreich (BVL). Tatsache ist: Rund zwei Drittel des Gütertransports hierzulande verlaufen wenig umweltfreundlich auf der Straße, Prognosen gehen – nicht zuletzt aufgrund des boomenden Onlinehandels – von einem weiteren Anstieg der Transportmengen in den kommenden Jahren aus. „Der wesentliche Hebel, um die Emissionen des Güterverkehrs reduzieren zu können, besteht in der Veränderung hin zu klimaverträglicheren Transportmodi, also in der Verlagerung auf Bahn und Binnenschiff“, empfiehlt der VCÖ-Verein Mobilität mit Zukunft.
In die richtige Richtung bewegt sich demnach das Familienunternehmen Lkw Walter aus Wiener Neudorf: Es erhielt heuer den Nachhaltigkeitspreis Logistik der BVL für seine optimierte Transportplanung, dank derer ein großer Teil der Straßentransporte auf die Verkehrsträger Bahn und Schiff umgelenkt wurde. Helmut Eder, Firmenverantwortlicher für Kombinierten Verkehr, bestätigt das steigende Bewusstsein der Branche: „Auch im Ressort Green Logistics des Zentralverbandes der Spediteure beschäftigen wir uns damit, den ökologischen Fußabdruck der logistischen Dienstleistungen kontinuierlich zu minimieren.“Mit einem Bahnanteil von über 30 Prozent ist Österreich unter den Top sechs in Europa – Sorgen macht den Logistikern jedoch vor allem die „last mile“, also die letzte Etappe der Lieferung bis zur Haustüre des Kunden.
Immer stärker rücken da die „City Hubs“in den Fokus. Die Idee: Verschiedene Zulieferer bringen die Waren bis in diese Lagerzentren, dort werden sie gebündelt. Die Empfänger werden nicht von jedem Zulieferer einzeln besucht, sondern ein Sammelzusteller bringt alle Sendungen gemeinsam ans Ziel – und das emissionsschonend per Elektroauto oder Lastenrad. „Damit spart man in den Städten Mehrfachfahrten und viele Kilometer“, bringt Fritz Lehr, Geschäftsführer des Wiener Hafens, die Vorteile auf den Punkt. Der Hafen hat in Kooperation mit der Stadt Wien unter dem Projektnamen „Hubert“einen solchen City Hub initiiert – als eine der konkreten Initiativen, die aus der vor zwei Jahren ins Leben gerufenen und auf nachhaltige Logistiklösungen abzielenden „Innovationswerkstatt Thinkport“hervorgegangen sind. Eine ähnliche Initiative ist in der Grazer Innenstadt geplant, die Österreichische Post – BVL-Preisträger 2016 für die teilweise Umstellung des Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge – hat mit dem „City Hub Vienna“im dritten Bezirk ein weiteres Projekt seit Mitte Juli im Testbetrieb.
Wolfgang Kubesch von der BVL betont, dass nicht nur bei den Transportfahrten versucht werden müsse, Schadstoff-Emissionen zu reduzieren, sondern dass zunehmend auch Logistikimmobilien wie eben die City Hubs nachhaltig gebaut und betrieben werden sollten. In Enzersdorf (NÖ) entsteht in den kommenden vier Jahren der größte Logistikpark Österreichs, der im Endausbau über rund 150.000 Quadratmeter Lagerfläche verfügen wird. Ein Teil ist bereits in Betrieb. Christian Vogt, Geschäftsführer des Entwicklers Deutsche Logistik Holding Real Estate (DLH), weist darauf hin, dass die Gebäude von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifiziert sind. „Viele Logistik-Unternehmen, die sich bei uns einmieten, fragen gezielt danach, ob sie hier die Möglichkeit haben, elektrische Verschub- und Verladesysteme einzusetzen, ob E-Ladestationen vorhanden sind oder auch, ob es Fahrradständer für die Mitarbeiter gibt“, erkennt Vogt das steigende Nachhaltigkeitsbewusstsein in der Logistikbranche.
Wenn es um Verladesysteme und andere ökologisch verträgliche Lagerlogistik-Lösungen geht, sieht sich Knapp aus Hart bei Graz als Technologietreiber. In dem steirischen Unternehmen arbeitet man daran, die Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu optimieren, und entwickelt beispielsweise intelligente Softwaresysteme, die die Warenausgabe automatisieren. „Es geht darum, Fehlzuordnungen zu verhindern und so dazu beizutragen, dass es keine unnötigen Fehlfahrten und Retoursendungen gibt“, erklärt Nachhaltigkeitsverantwortliche Katrin Pucher. Selbst habe man die Initiative „Knapp goes green“ins Leben gerufen: Fotovoltaik versorgt die Firmenzentrale und die E-Auto-Ladestationen mit Strom, dazu gibt es kostenlose Öffi-Tickets für die Mitarbeiter und Förderungen für Fahrgemeinschaften.
„Viele Kunden suchen sich ihren Transporteur mittlerweile nach Nachhaltigkeitskriterien aus“, sagt DLH-Chef Vogt: „Umweltbewusst zu agieren, ist daher eine Notwendigkeit, will man als Logistiker auf dem Markt bestehen.“ Zahlreiche Zusammenschlüsse und Initiativen setzen sich für nachhaltige Maßnahmen in der Logistik ein. Neben der Bundesvereinigung Logistik Österreich (BVL) gibt es unter anderem das initiiert von Schachinger Logistik, einem der heimischen Vorreiter in Sachen ökologisch verträglicher Transport. Der Zentralverband der Spediteure hat das Ressort ins Leben gerufen, die Wirtschaftskammer das Projekt
Der Verein Netzwerk Logistik ist ebenfalls um Nachhaltigkeit bemüht.