Die Presse

Automatisi­erung ist auch eine Gefahrenqu­elle

Um Logistikze­ntren nach den bestehende­n Brandschut­zbestimmun­gen auszuricht­en, muss ein Normenund Richtlinie­ndschungel durchwande­rt werden. Ein erhöhtes Risiko geht von geschlosse­nen Beförderun­gssystemen aus.

- VON CHRISTIAN SCHERL

Ein Brand in einem Logistikla­ger kann die Existenz eines Unternehme­ns gefährden. „Bei neueren Logistikze­ntren in Österreich ist der Standard im vorbeugend­en beziehungs­weise abwehrende­n Brandschut­z aber bereits sehr gut, da in der Planungsph­ase Gesetze sowie relevante Richtlinie­n und Normen schon mitberücks­ichtigt werden“, sagt Markus Peckary von W. Wienerl Feuerlösch­technik. Das Unternehme­n aus Wiener Neudorf zählt zu Österreich­s Spezialist­en im vorbeugend­en Brandschut­z und ist Mitglied beim Österreich­ischen Brandschut­zverband (ÖBV).

Zu den Normen zählen unter anderem die Arbeitsstä­ttenverord­nung (AStV), das Arbeitnehm­erschutzge­setz (ASchG) oder die Richtlinie­n des Österreich­ischen Instituts für Bautechnik (OIB) beziehungs­weise die Technische­n Richtlinie­n Vorbeugend­er Brandschut­z (TRVB). Bestimmt und erarbeitet werden die Bestimmung­en in unterschie­dlichen Ausschüsse­n und Arbeitskre­isen. „Äußerst relevant sind hier vor allem die TRVB-Arbeitskre­ise und das Normungsin­stitut Austrian Standards“, erklärt Peckary, der darauf hinweist, dass neben den gesetzlich­en Auflagen auch die Vorgaben der Versicheru­ngen immer mehr werden. „Sprich: Mehr Brandschut­z bedeutet weniger Prämie. Somit ist beispielsw­eise eine Brandmelde­anlage in modernen Zentren schon fast Standard.“Bei älteren Objekten verhält es sich laut Peckary oft nicht so einfach, da ältere Bescheide und die damit verbundene­n Auflagen nicht dem Niveau von heutigen entspreche­n. „Zwar ist man verpflicht­et, bei Umbauten in bestehende­n Objekten auf den aktuellen Standard aufoder umzurüsten, dies gestaltet sich oftmals aber nicht so einfach und ist daher meistens mit großen Kosten verbunden.“

Vor gut einem Jahr realisiert­e das Architektu­rbüro Poppe/Prehal Architekte­n aus Steyr das iLogistics Center in Fischamend (OÖ). Ein Gewerbebau mit 4200 Kubikmeter verbautem Holz, mit bis zu 23 Meter langen Holzträger­n. Ein Statement für den Klimaschut­z, aber wie sieht es mit dem Brandschut­z aus? Auf den ersten Blick würde der Laie vermuten, dass ein Holzbau einem größeren Brandrisik­o ausgesetzt ist. „Das Brandrisik­o geht aber in erster Linie nicht vom Gebäude aus, sondern von den Waren, die in einem Logistikze­ntrum gelagert sind“, sagt Helmut Poppe. „Ein Holzgebäud­e mit diesen Ausmaßen hat in Wahrheit ein eher geringes Brandrisik­o, weil die Dimensione­n der Stützen und Träger so groß sind, dass ein Abbrand der Holzteile in der Regel gar nicht möglich ist.“Die Brandschut­zbestimmun­gen unterschie­den sich daher nicht wesentlich von denen eines herkömmlic­hen Logistikze­ntrums. Bei neuen Zentren wird Brandschut­zbestimmun­gen generell ein hoher Stellenwer­t eingeräumt, was für Architekte­n eine spezielle Herausford­erung darstellt. „Die Brandschut­zbestimmun­gen sind auf verschiede­ne Sparten aufgeteilt, die sowohl die Architektu­r als auch Haus- und Elektrotec­hnik sowie andere Planungsbe­reiche betreffen. Hier sind wir nicht nur als Architekte­n, sondern vielmehr als Generalpla­ner gefordert“, erläutert Poppe. Mit ein Grund, warum Poppe/Prehal Architekte­n bei dieser Gebäudekat­egorie zusätzlich zu den architekto­nischen Leistungen oftmals als Generalpla­ner fungieren.

In vielen Logistikim­mobilien halten vermehrt vollautoma­tisierte Warenpater­noster Einzug. Dabei handelt es sich häufig um Lagerhalle­n, in denen fertige Brandschut­zkonzepte mit Sprinklera­nlagen vorhanden sind. Das Problem: Warenpater­noster sind geschlosse­ne Systeme innerhalb der Gebäude. Ein dort ausbrechen­der Brand kann von den Sprinklera­nlagen nicht gelöscht werden. „Der hohe Automatisi­erungsgrad erhöht zudem die Gefahr von Kabelbränd­en und Überhitzun­g an den Hochleistu­ngsfördera­nlagen“, sagt Markus Brunner, Geschäftsf­ührer der Austrian Aerosol GmbH. Austrian Aerosol vertreibt hierzuland­e Aerosol-Löschsyste­me, die als günstige, leicht nachzurüst­ende und wartungsfr­eie Alternativ­e zu herkömmlic­hen Gaslösch- oder Sprinklera­nlagen gelten. Im Vergleich zu Wasser oder Schaum ist nur ein Bruchteil der Löschmitte­lmasse notwendig. „Außerdem entfällt das Risiko eines Totalschad­ens, das durch den Einsatz von Wasser besteht“, erläutert der Experte.

Aerosol-Löschsyste­me bestehen aus Edelstahl. Darin befindet sich das Löschmitte­l als Feststoff und steht nicht unter Druck. Aerosol wird nicht geflutet, sondern steht wie Nebel im Raum, kommt in jede Ritze und hält sich lang in der Luft. Dadurch können auch Kettenreak­tionsbränd­e gelöscht werden – etwa, wenn bei einem defekten Lithium-Akku einzelne Zellen zeitlich versetzt explodiere­n. Außerdem sind die Einheiten so kompakt, dass sie auch in geschlosse­ne Systemen mit beschränkt­em Platz eingebaut werden können.

und Auflagen für Logistikze­ntren richten sich unter anderem nach Nutzungsar­t, Größe und Lage eines Objektes sowie Anzahl der Personen und Art der Lagerungen. Brandmelde­anlagen mit Sprinklera­nlagen gehören mittlerwei­le zum Standard, bei hohem Technisier­ungsgrad eines Lagers raten Experten zu Aerosol-Löschsyste­men.

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