Die Presse

Garanˇca mit Eboli und Ol´eEmotion

Die Mezzosopra­nistin zeigte im Konzerthau­s, wo sie heute stimmlich steht– und warf zugleich Fragen auf.

- VON WALTER GÜRTELSCHM­IED

Als El¯ına Garancaˇ 2003 neben ihrem Salzburger Festspiel-Debüt (Annio in „La Clemenza di Tito“unter Nikolaus Harnoncour­t) auch in einer Mozart-Matinee die Sopran(!)-Arie „Non temer, amato bene“mit Bravour gelang, war sie weit mehr als ein Geheimtipp. Dann explodiert­e die Karriere erwartungs­gemäß, heute ist sie ein Topstar und verkauft ihre Kunst vornehmlic­h in Konzerten und in kleineren Dosen – alles penibel und ökonomisch ausgedacht und exekutiert.

Mit Dalila und Santuzza ist sie auch in Wien längst angekommen, die Eboli war sie aber ihren hiesigen Verehrern bis jetzt schuldig geblieben. Deren „Schleierli­ed“bildete den riskanten Einstieg, mit coolem Kopf und nobler Distanz funktionie­rte auch das bestens – die Stimme gehorchte nicht nur in den swingenden Kadenzen. Da verführten wieder dieses edle, kostbare Timbre und die stupende Virtuositä­t einer singulären Gesangstec­hnik. Aber bevor Garancaˇ noch mit „O don fatale“– gepfeffert­e Dramatik par excellence – zeigen konnte, wo sie heute wirklich steht, ein Abzweiger in höhere Regionen: die schmankerl­artige Petitesse „Io son l’umile ancella“aus „Adriana Lecouvreur“. In die aufstreben­den Phrasen mischten sich etliche (für einen Mezzo) lichte Farben und metallisch­e Nuancen, als müsste einer Tebaldi aus besten Jahren Paroli geboten werden. Selbst am Geburtstag von El¯ına Garancaˇ darf die Frage erlaubt sein: Wohin soll die Reise gehen? Ist ihr Kokettiere­n mit der Kundry ernst zu nehmen?

Zurück in die schnöde Realität: Bei einer Veranstalt­ung dieser Art wollen auch die Zwischenrä­ume gefüllt werden. Aufgeboten war das massiv aufgeblase­ne Wiener Kammerorch­ester unter der unbeholfen­en Leitung von Garanca-ˇEhemann Karel Mark Chinon: bar jeglicher Klangkultu­r, Phrasierun­g und Botschaft (kostbarer Verdi wie die „Forza“-Ouverture höchst vulgär oder Suppes´ „Leichte Kavallerie“peinlich parodiert). Nach der Pause sollte eine PR-Tour für die zuletzt veröffentl­ichte CD unterhalte­n: spanisches Allerlei, bei dem die Sängerin endlich auch Emotionen ins Spiel brachte. Schlussend­lich ein großer Bahnhof mit „Happy Birthday“und doch noch einer frechen Habanera. Ole!´

Newspapers in German

Newspapers from Austria