Macht dem Volk, nicht Heidi Horten!
Für Superreiche und ihre neoliberalen Bannerträger ist jeder Cent, den sie zum Gemeinwohl beitragen müssen, ein Skandal.
Wenn Millionäre bzw. Millionärinnen auf einen Teil ihres Vermögens Steuern zahlen müssen, dann ist das ein schweres Vergehen gegen Demokratie und Menschenrechte – das wurde an dieser Stelle kürzlich von Christian Ortner („Quergeschrieben“vom 6. 9.) über die Forderung nach Erbschafts- und Vermögenssteuern geschrieben. Für Superreiche und ihre neoliberalen Bannerträger ist freilich jeder Cent, den sie zum Gemeinwohl beitragen müssen, ein haarsträubender Skandal. Die wahre Bedrohung für unsere Demokratie ist allerdings die Machtkonzentration, die mit der extrem ungleichen Verteilung von Vermögen einhergeht. Dass Politik in Österreich käuflich ist, können wir nicht erst seit Ibiza beobachten: So haben sich die Unternehmer Frank Stronach und Hans Peter Haselsteiner mit ihrem Kapital kurzerhand eigene Parteien geschaffen. Heidi Horten ist nur eine von vielen auf einer langen Liste an Vermögenden, die ihr Geld in die ÖVP investieren, um ihre Interessen im Parlament durchzusetzen. Wenn Schwerreiche sich politischen Einfluss kaufen können, dann werden Steuergeschenke für Unternehmen durch den Sozialabbau finanziert, der den Großteil der Bevölkerung ärmer macht. Die Schere zwischen Reich und Arm geht noch weiter auf – ein Teufelskreis.
Wer diesen Kreislauf durchbrechen will, wird nicht ohne Steuern auf Vermögen auskommen. Sie wurden Österreich zuletzt sogar von der EU-Kommission empfohlen, die wohl kaum im Verdacht steht, eine sozialistische Agenda zu verfolgen. Vermögenssteuern schaffen Mittel für Investitionen in öffentliche Güter, von denen alle Menschen profitieren: Gesundheit, Bildung, Kinderbetreuung, sozialer Wohnbau, öffentlicher Verkehr und Umweltschutz. Das ist die Basis, die den Hortens dieser Welt überhaupt erst ihren Wohlstand ermöglicht. Durch den Einfluss von Superreichen und Konzernen auf die Politik waren diese öffentlichen Güter in den vergangenen Jahrzehnten von Privatisierungen betroffen. Investoren und Unternehmer in ganz Europa rieben sich die Hände: Sie konnten mit Dienstleistungen der Daseinsvorsorge Profite machen. Für einfache Menschen wurde das Leben hingegen teurer. Denn Daseinsvorsorge in privater Hand ist nicht nur unsozial, sondern auch unwirtschaftlich. So häuften sich etwa bei der privatisierten britischen Bahn Ausfälle und Verspätungen; die Preise beim privatisierten Pariser Wasser explodieren.
Radikale Neoliberale sehen zwar in jedem Tropfen Leitungswasser einen dystopischen Vorboten des Kommunismus, wenn kein Unternehmen Profit aus ihm schlagen konnte. Die katastrophalen Auswirkungen der Privatisierungspolitik riefen dennoch eine Trendumkehr hervor: In den vergangenen 20 Jahren wurden in 20 europäischen Ländern über 700 Leistungen der Daseinsvorsorge zurück in die öffentliche Hand genommen. Auch Österreich braucht stärkeres öffentliches Eigentum, denn Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand garantiert Qualität und schützt vor Preiswucher. So könnten etwa Vorkaufs- und Rückkaufsrechte für Gemeinden private Wohnungen wieder in den öffentlichen Sektor eingliedern und Mietpreise senken. Denn während Heidi Horten so viel Geld hat, dass sie davon monatlich fast 50.000 Euro an die ÖVP spenden kann, wird für immer Menschen in Österreich das Wohnen zum Luxus.
Werden private Millionenvermögen besteuert und dafür öffentliches Eigentum gestärkt, ist das ein wichtiger Schritt hin zu einer Politik, die Wohlstand für alle schafft, statt wenige Superreiche immer reicher zu machen.