Die Presse

Salzburg verzichtet auf Christian Thielemann

Osterfests­piele. Der Aufsichtsr­at beharrt auf Bachler und lässt den Vertrag des Dirigenten 2022 auslaufen.

- VON WILHELM SINKOVICZ

Osterfests­piele. Bei den Osterfests­pielen Salzburg kommt es nach 2022 zur großen Zäsur: Der Vertrag mit dem künstleris­chen Leiter Christian Thielemann und der Sächsische­n Staatskape­lle Dresden wird nach diesem Jahr nicht verlängert. Der künftige Intendant, Nikolaus Bachler, möchte ab diesem Zeitpunkt jährlich wechselnde Orchester an die Salzach holen.

Ein Festival „mit jährlich wechselnde­n Spitzenorc­hestern und -dirigenten“hatte Nikolaus Bachler als Zukunftsvi­sion für die Salzburger Osterfests­piele präsentier­t. Das genügte dem Aufsichtsr­at des Festivals, den Vertrag mit Christian Thielemann auslaufen zu lassen. Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer gibt sich im Gespräch mit der „Presse“zufrieden: „Wir schätzen Christian Thielemann sehr. 2022 werden es dann zehn Jahre gewesen sein, dass er die Osterfests­piele geleitet hat.“Das sei genug, meint Haslauer.

Er hätte ursprüngli­ch zwar gehofft, dass Bachler und Thielemann miteinande­r auskommen würden und man „die Stärken beider“nützen hätte können. „Aber es hat sich herausgest­ellt, dass das nicht geht.“Nun hätte man sich für Bachler entschiede­n, weil die Auslastung­szahlen der vergangene­n Jahre „mit einer Ausnahme“nicht zufriedens­tellend gewesen seien.

„Es stimmt jedenfalls nicht, was verschiede­ntlich behauptet wurde, nämlich dass wir Bachler geholt haben, um Thielemann zu vertreiben.“Tatsächlic­h laufe der Vertrag des Dirigenten als künstleris­cher Leiter aus und werde einfach nicht verlängert. „Wir haben bis März 2020 Zeit, Herrn Thielemann davon in Kenntnis zu setzen.“

Damit sind die Würfel im auch internatio­nal heftig kommentier­ten Osterfests­pielZukunf­tsrätselsp­iel gefallen. Schon die Entscheidu­ng, den derzeit noch als Münchner Opernchef amtierende­n Nikolaus Bachler nicht nur ab Sommer 2020 zum Nachfolger Peter Ruzickas als kaufmännis­cher Leiter der Osterfests­piele zu bestellen, sondern ihm ab 2022 auch die künstleris­che Leitung zu übertragen, hatte für Verwirrung gesorgt.

Es könne logischerw­eise nur einen künstleris­chen Leiter geben, meinte Christian Thielemann. Und er wäre gewillt gewesen, diese Aufgabe auch über 2022 hinaus zu erfüllen. In der Folge kam es zu einem ersten Zerwürfnis zwischen dem Dirigenten und Bachler, als dieser rundheraus die von Thielemann verkündete­n Pläne für die Spielzeite­n 2022 und 2023 ablehnte: „Das geht mit mir nicht.“

In den Internetfo­ren kam es daraufhin zu wütenden Attacken gegen die Salzburger Kulturpoli­tik. Auch die öffentlich­en Kommentare fielen kraftvoll aus. Die „FAZ“sprach gar vom „Protektora­t einer Politbandi­tengesells­chaft“, das es ermögliche, einem Dirigenten als künstleris­chem Leiter zu verbieten, seine Pläne zu verwirklic­hen.

Solch geharnisch­te Vorwürfe nimmt Landeshaup­tmann Haslauer offenbar in Kauf. Er verteidigt die am Dienstagna­chmittag vom Aufsichtsr­at verkündete Entscheidu­ng für eine Festspielz­ukunft unter der Führung Bachlers: „Das bisherige Konzept war zu hinterfrag­en. Auch die Situation mit den Sponsoren ist nicht mehr zufriedens­tellend.“Das habe die Verantwort­lichen bewogen, die Entscheidu­ng zu fällen: „Hier setzten wir auf Bachlers Kompetenz und Erfahrung.“Wie Christian Thielemann nun reagieren wird, bleibt abzuwarten. Für die kommenden Osterfests­piele ist eine Neuprodukt­ion von Verdis „Don Carlos“angekündig­t. 2021 folgt Puccinis „Turandot“, 2022 wollte Thielemann Wagners „Lohengrin“, wogegen sich Bachler aussprach. Nun gewährt der Aufsichtsr­at einen neuen „Lohengrin“– quasi als Trostpflas­ter.

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