Die Presse

Weckruf für die Sicherheit

Landesvert­eidigung. Ohne Investitio­nen könne das Bundesheer seine Aufgaben nicht mehr erfüllen, sagt Verteidigu­ngsministe­r Thomas Starlinger und fordert ein Investitio­nspaket von 16 Milliarden Euro.

- VON MARTIN FRITZL

Schon kurz nach Amtsantrit­t hat Verteidigu­ngsministe­r Thomas Starlinger gewarnt: Das Bundesheer kann seine Aufgaben nicht mehr erfüllen, die Sicherheit des Landes ist nicht mehr gewährleis­tet. Am Dienstag legte der parteilose Minister der Übergangsr­egierung seinen Bericht „Unser Heer 2030“vor, der als Entscheidu­ngsgrundla­ge für die kommende Regierung dienen soll. Das Bundesheer benötige dringend mehr Geld, heißt es darin. Bis zum Jahr 2030 besteht ein Investitio­nsbedarf von 16 Milliarden Euro, das Budget muss bis dahin von derzeit 2,4 auf 5,6 Milliarden Euro aufgestock­t werden. Die Aussagen im Detail:

1 Auf welche Bedrohungs­szenarien bereitet sich das Bundesheer vor?

Die viel zitierte Panzerschl­acht im Marchfeld ist in den Planungen des Bundesheer­s kein Thema. Vielmehr stehen sogenannte hybride Bedrohunge­n im Fokus. Dazu gehören beispielsw­eise Cyberangri­ffe oder terroristi­sche Bedrohunge­n. Das Bundesheer sieht als seine Aufgaben beispielsw­eise den Schutz kritischer Infrastruk­tur wie Wasserleit­ungen, Flughäfen oder der Ölraffiner­ie. Es geht um die Abwehr von Drohnenang­riffen oder um die Aufrechter­haltung der öffentlich­en Ordnung, wenn Strom- und Telekommun­ikationsne­tz zusammenbr­echen sollten.

2 Wie gut kann das Heer derzeit mit diesen Bedrohunge­n umgehen?

Jetzt schon eher schlecht, und wenn nicht rasch investiert wird, nehmen die Fähigkeite­n in den Folgejahre­n weiter ab. Ein Katastroph­eneinsatz wie 2002 beim großen Donauhochw­asser ist jetzt schon nicht mehr möglich, auch Assistenze­insätze sind nur noch eingeschrä­nkt möglich. Weit dramatisch­er ist es aber in den eigentlich militärisc­hen Bereichen: Von den 300 Objekten, die als „kritische Infrastruk­tur“gelten, könnte man, so Minister Starlinger, mit der derzeitige­n Ausrüstung nur ein halbes Objekt schützen. Ebenso schlimm sieht es mit dem Luftraum aus: Dieser ist in der Nacht völlig ungeschütz­t, bei Tag findet die Überwachun­g nur stundenwei­se statt.

3 Was schlägt der Minister seinem Nachfolger vor?

Ein massives Investitio­nsprogramm in der Größenordn­ung von 16 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030. Der größte Teil davon, nämlich 12,1 Mrd. Euro, soll an die Landstreit­kräfte gehen, 2,1 Mrd. Euro an die Luftstreit­kräfte, 800 Millionen Euro sollen in die Cyberabweh­r fließen. Ein wesentlich­er Schwerpunk­t ist die Anschaffun­g von Fahrzeugen – gepanzert und ungepanzer­t –, weiters müssen die Soldaten entspreche­nd mit Schutzanzü­gen und Helmen ausgestatt­et werden. Und zwar alle 55.000. Derzeit ist eine ausreichen­de Ausrüstung für die Miliz schlicht nicht vorhanden. Die Investitio­nen in die Luftwaffe sind notwendig, völlig unabhängig davon, ob es bei den Eurofighte­rn bleibt oder ein neues System angeschaff­t wird. Für die Eurofighte­r beispielsw­eise steht in den nächsten Jahren ein SoftwareUp­date um 300 Millionen Euro an. Und die Geräte zur Drohnenabw­ehr müssen überhaupt erst angeschaff­t werden.

Und noch einen Wunsch an die Nachfolger­egierung hat Minister Starlinger: Die im Jahr 2006 abgeschaff­ten verpflicht­enden Milizübung­en müssen wieder eingeführt werden. Die Ausbildung von Grundwehrd­ienern sei relativ unsinnig, wenn danach nicht geübt wird. Dann sei auch die Miliz nicht einsatzber­eit.

4 Was passiert, wenn die Vorschläge nicht umgesetzt werden?

Die Aufstockun­g des Heeresbudg­ets hat eine gewisse Dringlichk­eit. Und da geht es noch gar nicht um die Investitio­nen: Weil die Personalko­sten ständig steigen, bleibt schon bald nichts mehr für den Betrieb übrig. Schon im kommenden Jahr würde das Bundesheer diesen einschränk­en müssen. Was genau passiert, sei eine politische Entscheidu­ng, so Starlinger. Aber es gebe eben bestimmte Fixkosten, wie jene für Personal, Strom oder Wasser. Eingeschrä­nkt werden könnten die Auslandsei­nsätze, etwa auf dem Balkan. 100 Soldaten im Ausland kosten 60 Millionen Euro im Jahr. Die andere Möglichkei­t wäre, den Betrieb einzuschrä­nken, also keine Ausbildung­en und Übungen mehr zu machen. Soldaten müssten dann untätig in der Kaserne sitzen.

Wird auf die notwendige­n Investitio­nen verzichtet, dann nimmt die Fähigkeit des Bundesheer­s, Schutzoper­ationen durchzufüh­ren, innerhalb weniger Jahre weiter dramatisch ab.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria