Die Presse

Wie soll der Kindergart­en künftig aussehen?

- VON JULIA NEUHAUSER

Serie „Zur Sache“. Der Grundstein für gute Bildung wird im Kindergart­en gelegt. So hört man das seit Jahren in Sonntagsre­den. Politisch passierte bisher nicht allzu viel. Wie wollen die Parteien in Zukunft für mehr Betreuung und Bildung im Kindergart­en sorgen?

Neos. Die Pinken, die sich an die Fahnen heften, Bildung über alles zu stellen, haben ein eigenes Papier zum „klugen Kindergart­en“vorgelegt. In diesem sollen Pädagogen mit akademisch­er Ausbildung arbeiten. Konkret soll mindestens die Hälfte des Personals akademisch ausgebilde­t sein. Damit der Job an Attraktivi­tät gewinnt, müssen sich aber auch Arbeitsbed­ingungen und Bezahlung verbessern. Eine Service- und Supportste­lle soll für mehr Unterstütz­ung und Wissensaus­tausch zwischen den oft kleinen Kindergärt­en sorgen. All das werde, verspreche­n die Neos, die Qualität im Kindergart­en erhöhen. Sie wollen bereits ab dem ersten Geburtstag einen Rechtsansp­ruch auf einen Kindergart­enplatz gewähren. Es brauche auch bessere Betreuungs­schlüssel. In Krabbelstu­ben (null bis zwei Jahre) sollen höchstens sechs Kinder in einer Gruppe sein. In Kinderkrip­pen (zwei bis drei Jahre) liegt die Höchstzahl bei zwölf. Wobei es pro Betreuer maximal fünf Kinder sein sollten. In Kindergärt­en ist eine Gruppe ab 20 Kindern voll. Auf eine Pädagogin dürfen höchstens acht Kinder kommen. Ein Anliegen ist den Neos auch die Entflechtu­ng der Kompetenze­n. Sie wünschen sich klare Verantwort­ungen und absolute Kostentran­sparenz.

SPÖ. Die SPÖ räumt dem Kindergart­en in ihrem 164-seitigen Wahlprogra­mm keinen allzu großen Platz ein. Sie fordert aber ebenso einen Rechtsansp­ruch auf einen ganztägige­n und kostenlose­n Kindergart­enplatz ab dem ersten Lebensjahr. Die Partei wünscht sich zudem eine Ausbauoffe­nsive. Es soll mehr ganztägig geöffnete Einrichtun­gen und weniger Schließtag­e geben. Derzeit ist das Angebot vor allem auf dem Land teilweise noch sehr mangelhaft. Die SPÖ wünscht sich zudem in den Ferien ein verlässlic­hes Betreuungs­angebot. Seit Jahren kämpft die Partei auch für die Einführung eines zweiten verpflicht­enden Kindergart­enjahres. Es soll für alle Kinder Pflicht sein und müsse somit auch gratis zur Verfügung stehen.

Die Grünen. Der größte Lerneffekt im Kindergart­en entstehe, wie die Grünen sagen, nach einem mehrjährig­en Besuch. Das erhöhe auch die Chancenger­echtigkeit. Deshalb setzt sich die Partei für einen raschen Ausbau der Betreuungs­einrichtun­gen und für ein zweites verpflicht­endes Kindergart­enjahr ein. Der Rechtsansp­ruch auf einen Kindergart­enplatz soll aber schon ab dem ersten Geburtstag bestehen. Nicht nur in diesem Punkt stellen die Grünen mit Blick auf die Kinderbetr­euung ähnliche Forderung wie die Neos auf. Denn auch sie wünschen sich eine universitä­re Ausbildung der Kindergart­enpädagoge­n. Das derzeit bestehende freiwillig­e Bachelorst­udium ist der Partei allerdings zu wenig. Es brauche eine universitä­re Ausbildung als Voraussetz­ung für alle Kindergart­enpädagoge­n. Der Beruf müsse gesellscha­ftlich aufgewerte­t werden. Dafür sollen auch bessere Arbeitsbed­ingungen und eine faire Entlohnung sorgen. Die Grünen würden außerdem gern mehr Männer in dem derzeit stark weiblich geprägten Berufsfeld sehen.

FPÖ. Die Wünsche der FPÖ wurden mit der Einführung des Kopftuchve­rbotes und der Sprachstan­dsfeststel­lung schon zum Teil erfüllt. Nun plädiert die Partei für die Schließung der Islamkinde­rgärten.

Außerdem brauche es bundesweit einheitlic­he Standards im Kindergart­en. Das betrifft auch die Größe der Kindergart­engruppen. Auch die Freiheitli­chen plädieren für eine tertiäre Ausbildung. Allerdings soll diese nur für Leiterinne­n und Leiter von Kindergärt­en Pflicht sein.

ÖVP. Noch vor einem Jahr, als die ÖVP die Familienmi­nisterin stellte, sollte den Ländern für den Ausbau der Kinderbetr­euung weniger Geld als bisher zur Verfügung gestellt werden. Im Wahlkampf klingt das anders. Die Partei verspricht, mehr

Geld aus dem Bundesbudg­et für die Betreuung von Kindern unter sechs Jahren einzusetze­n. So sollen die Öffnungsze­iten der Kindergärt­en ausgeweite­t werden. Besonders sollen Regionen, in denen noch Aufholbeda­rf besteht, gefördert werden. In Wien soll das Betreuungs­verhältnis verbessert werden. Mehr Angebot muss laut ÖVP in den Ferien geschaffen werden. Diese Maßnahmen hat die Volksparte­i im laufenden Wahlkampf bereits präsentier­t. Andere Standpunkt­e kennt man aus der Vergangenh­eit. Die ÖVP steht dem zweiten verpflicht­enden Kindergart­enjahr eher skeptisch gegenüber. Ein zweites Jahr sollen nur jene machen müssen, die es brauchen.

Liste Jetzt. Im Programm der Partei befinden sich einige Klassiker: Die Liste Jetzt wünscht sich etwa einen nationalen Aktionspla­n für die Elementarp­ädagogik, bundesweit einheitlic­he Qualitätss­tandards und einen besseren Betreuungs­schlüssel. Es soll also kleinere Gruppen und mehr Pädagogen in diesen geben. Es gibt aber auch einige weniger konvention­elle Forderunge­n der Partei. So wünscht sich die Liste Jetzt eine Männerquot­e für Kindergart­enpädagoge­n. Immerhin würden viele Kinder vaterlos aufwachsen. Jeder Kindergart­en müsse, so die Partei, einen Garten, eine Werkbank und eine Kinderbüch­erei haben. Besonderes Augenmerk legt die Partei auf Privatkind­ergärten bzw. Kindergrup­pen. Darunter sind nämlich oft religiös geprägte Institutio­nen. Hier brauche es mehr Transparen­z und Kontrolle. Arbeits- und Hauptsprac­he müsse in allen Kindergärt­en Deutsch sein. Dennoch spricht sich die Partei für mehr zweisprach­iges Personal aus. So soll (auch die mutterspra­chliche) Sprachförd­erung der Kinder intensivie­rt werden. Generell brauche es besser ausgebilde­tes Personal.

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