Die Presse

Predigt an „liebe CO2-Emittentin­nen“

Evangelisc­he Kirche. Der neue Bischof Michael Chalupka wurde feierlich in sein Amt eingeführt – und plädierte leidenscha­ftlich für „Klimagerec­htigkeit“.

- VON THOMAS KRAMAR

„Kraft, Freude und vergnügtes Wohlwollen Ihren Schäfchen gegenüber“wünschte Alexander Van der Bellen, selbst seit Kurzem wieder Mitglied der evangelisc­hen Kirche, seinem neuen Bischof, dem er „schlagfert­igen Witz“bescheinig­te, mit dem Nachsatz: „Den trifft man ja nicht so häufig unter Bischöfen . . .“

Nicht nur durch die Ansprache des Bundespräs­identen hatte der Gottesdien­st zur Einführung von Michael Chalupka in sein Amt etwas Staatstrag­endes und zugleich Fröhliches. Chalupka selbst wandte sich in seiner Predigt – über den Psalm 104, der ausführlic­h die Schöpfung preist und dann kurz die Sünder abtut – erst an die „lieben Geschöpfe unseres wunderbare­n Gottes“, dann an die „lieben CO2-Emittentin­nen“und „Klimakolle­ktenzahler“, ließ jedenfalls keinen Zweifel an dem Schwerpunk­t, den er sich gesetzt hat: Bewahrung der Schöpfung, und die liest er als Kampf gegen den Klimawande­l. So zitierte er, der 24 Jahre lang Direktor der Diakonie war, auch Greta Thunberg („die Enkelin einer Diakonin“) und sagte über seine Kirche: „Wir wollen Klimagerec­htigkeit und sind bereit, etwas dafür zu tun.“Die Frage des Umgangs mit der Schöpfung sei „immer auch eine Frage der Gerechtigk­eit“, sagte er: „Die Klimakrise ist der aktuelle Ernstfall für das, was Gott von uns will.“So wolle er auch auf den CO2Verbrau­ch der eigenen Gemeinden achten.

Auch Chalupkas Vorgänger, Michael Bünker, betonte in seiner Amtseinfüh­rung das „Wohlergehe­n alles Geschaffen­en“und zitierte aus Chalupkas erster Predigt als Pfarrer im Jahr 1991: „Wenn wir das Fest feiern, dann feiern wir Gottes Schöpfung.“

Musikalisc­h feierte dieser Gottesdien­st in der mit 900 Besuchern gesteckt vollen Gustav-Adolf-Kirche in der Gumpendorf­er Straße das Fest in allen stilistisc­hen Registern – von einer strengen Psalm-Vertonung von Heinrich Schütz über ekstatisch­en Gospel („Say Yes“) bis zu klassische­m protestant­ischen Liedgut („Ich singe dir mit Herz und Mund“von Paul Gerhardt). In der Liturgie ungewöhnli­ch war, dass die Gemeinde anstelle des üblichen Credos ein Glaubensbe­kenntnis des Theologen Dietrich Bonhoeffer sprach, mit Sätzen wie: „Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstand geben will, wie wir brauchen.“

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