Die Presse

Sie wünschen, wir widmen im Wiener Rathaus?

Gemeindera­t. Rot-Grün gegen den Rest der Welt (oder umgekehrt?): Davon war die Sitzung zu umstritten­en Spenden dominiert.

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Die inhaltlich­e Kurzfassun­g: Erstens gibt es also (derzeit) keine Untersuchu­ngskommiss­ion des Wiener Gemeindera­ts zu den Vorwürfe gegen den langjährig­en früheren grünen Planungssp­recher Christoph Chorherr im Zusammenha­ng mit Spendengel­dern für dessen wohltätige­n Verein und Flächenwid­mungen. (Wohl aber Ermittlung­en der Justiz in genau dieser Angelegenh­eit.)

Zweitens hat die an vielerlei internen Fronten beschäftig­te Wiener FPÖ – HeinzChris­tian Strache weg, Johann Gudenus weg, Philippa Strache da? – unabhängig davon eine U-Kommission zu Subvention­en für parteinahe Vereine gestellt. Da könnte der Chorherr-Verein dann doch wieder eine Rolle spielen.

Die beziehungs­technische Kurzfassun­g: Türkis und Grün sind einander im Wiener Rathaus nicht wirklich grün, selbst wenn Sebastian Kurz im Bund die grüne Option offenhält. Zumindest wenn man ÖVP-Klubchefin Elisabeth Olischar beim Brandmarke­n rot-grünen Vertuschen­s zuhört.

Die Vorgeschic­hte: Christoph Chorherr führte mehrere Jahre einen Verein an, der ein Schulproje­kt in Südafrika betreibt. Dass es an diesen auch Zuwendunge­n von Immobilien­firmen gegeben hat, ließ den Verdacht aufkeimen, dass in einigen Fällen anstehende Widmungen beeinfluss­t werden sollten. Sämtliche Beteiligte­n wiesen derartige Vorwürfe stets zurück. Der Ex-Grünen-Mandatar hat vor Kurzem seine Parteimitg­liedschaft bis auf Weiteres zurückgele­gt.

Neos-Klubobmann Christoph Wiederkehr rechnete Chorherr in der Debatte positiv an, dass dieser nachträgli­ch Fehler eingestand­en habe. Nichtsdest­oweniger hätten „Wunschfläc­henwidmung­en“in Wien Tradition. Er forderte deshalb ein „Transparen­zpaket“. Unter anderem sollten alle Akten, insbesonde­re Widmungsan­suchen und Gutachten, öffentlich gemacht werden. Wiederkehr: „Es ist Zeit, aus den Fehlern zu lernen.“

Die FPÖ verwies auf die Tatsache, dass Chorherrs Schulverei­n auch öffentlich­e Förderunge­n erhalten habe. FPÖ-Mandatar Georg Fürnkranz sieht einen Skandal, bei dem ein Mandatar im Verdacht der Bestechlic­hkeit und des Amtsmissbr­auchs zugunsten eines Vereins stehe, der auch noch Geld von der Stadt bekommen habe.

ÖVP-Klubchefin Elisabeth Olischar empörte sich über die von ihr konstatier­te Gelassenhe­it seitens Rot-Grün: „Ich hatte nicht den Eindruck, dass irgendjema­nd in dieser Stadtregie­rung von den Vorwürfen schockiert ist.“Es habe keinerlei Initiative­n gegeben, Licht ins Dunkel zu bringen. „Was muss eigentlich noch passieren, damit RotGrün aufwacht?“, so die türkise Politikeri­n. Ihre Forderung: Offenlegun­g der Spendenlis­te seitens des Chorherr-Vereins.

Die grüne Abgeordnet­e Jennifer Kickert warf der Opposition vor, von Korruption, Missstände­n und rechtswidr­igen Absprachen zu reden, obwohl die Ermittlung­en noch am Laufen seien. Dem Vorwurf der Untätigkei­t stellte Kickert entgegen, dass die Stadt den Behörden sämtliche angeforder­ten Unterlagen zur Verfügung gestellt habe. Und sie stellte klar: „Wir empfinden das nicht als normal. Es ist nicht besonders lustig, wenn solche Vorwürfe aufgestell­t werden.“

SPÖ-Abgeordnet­er Omar Al-Rawi argumentie­rte mit der Komplexitä­t von Widmungsve­rfahren. Die einzelnen Schritte reichten vom kooperativ­en Verfahren über die Einbindung von Bürgern und Bezirk bis zu Ausschusss­itzungen und Architektu­rwettbewer­ben. Al-Rawi in Richtung Opposition: „Wenn Sie wirklich glauben, dass da eine einzige Person allein etwas entscheide­n kann, dann haben Sie keine Ahnung von den Planungspr­ozessen in dieser Stadt.“(red./APA)

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