Eine populistische Sprache
Fridays for Future oder seinen radikalen Ableger Extinction Rebellion engagieren, fordern, nämliche eine radikale Abkehr von der Art, in der gewirtschaftet wird. Europa ist eine ökonomische Größe, die international Gestaltungsmacht hat. Ein konsequenter Green New Deal in Europa ist darum eine der zentralen europäischen Herausforderungen, und die EU hat sich dieser Aufgabe bereits mit zahlreichen Maßnahmen angenommen. Aber noch bleiben Klimaziele, Trinkhalm- und Plastiktütenverbote brave Versuche der Compliance, der Versuch, alles besser zu machen, ohne irgendwas konsequent zu verändern oder gar zu verbieten. Europa in der nächsten Legislaturperiode von 2019 bis 2022, ein wirklich politisches Europa, müsste die Frage stellen: Wer entscheidet in Europa? Europa oder die Mitgliedsstaaten? Kann Europa seinen Mitgliedsstaaten etwas verbieten? Kann Europa ein Experimentierlabor für eine radikale Politikgestaltung werden, für eine radikale politische Umsteuerung in Zeiten der „posthumen Kondition“(Marina Garces)?´ Und wenn ja, wie würde diese legitimiert? Wer keinen Begriff des Politischen hat, der nicht vom Ökonomischen durchzogen ist, der macht Freiheit letztlich zum leeren Signifikanten und vergibt sich jeden kollektiven Gestaltungswillen. Politisch und radikal also müsste die gemeinsame europäische Sprache werden, egal, ob auf Französisch, Portugiesisch oder Polnisch, oder in einer der vielen vergessenen slawischen Sprachen oder Dialekte, an die zu erinnern der österreichische Regionenforscher Lojze Wieser sich zur Lebensaufgabe gemacht hat. Denn wie eingangs erwähnt: Form follows function . . .
Drittens aber müsste eine neue, gemeinsame europäische Sprache – im besten Wortsinne – populistisch werden, also vom europäischen Demos, den europäischen Bürgern, verstanden werden. „Dem Volk aufs Maul schauen“, sich also so ausdrücken, dass die einfachen Leute die politische Sprache verstehen, dies war eine Forderung von Martin Luther. In der EU wurde und wird dies bis heute sträflich vernachlässigt. Mit Downtalken, also damit, die europäischen Bürger nicht ernst zu nehmen, hat diese Forderung nach einer populistischen Sprache nichts zu tun. benslüge ist, dass die europäischen Dinge komplex sind und deswegen den Bürgern nicht gut erklärt oder kommuniziert werden können. Das stimmt natürlich nicht. Vielmehr verbrämt es nur, dass heute der politische Wille fehlt, mit dem normalerweise aus einem komplexen Sachverhalt ein politisches Projekt gemacht wird, denn Politik ist nichts anderes als das Ent-Wickeln von komplexen Sachverhalten und das Aufreihen klarer Lösungsangebote.
„Ein Markt, eine Währung, eine Demokratie“wäre darum ein Vorschlag für die heutige Zeitgenossenschaft, um Europa wieder eine klare Sprache und ein klares Ziel zu geben: Da wollen wir hin! Eine Demokratie, das hieße nichts Geringeres als die Verwirklichung des allgemeinen politischen Gleichheitsgrundsatzes für alle europäischen Bürger, also Gleichheit bei Wahlen, bei Steuern und beim Zugang zu sozialen Rechten. Der allgemeine politische Gleichheitsgrundsatz ist die notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für eine Demokratie. Das gilt auch für Europa.