Die Presse

Österreich­er halten Sparbuch für „nicht zeitgemäß“

Dass man mit dem Sparbuch real Geld versenkt, ist den Österreich­ern bewusst, wie eine Umfrage der Erste Bank zeigt. Dennoch lassen sie ihr Geld dort oder auf dem Konto liegen. Und zwar weit mehr als den Notgrosche­n.

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Wien. Dass das Sparbuch keine ideale Anlageform ist, um sein Vermögen zu vermehren, ist bekannt. 62 Prozent der 900 von Imas Internatio­nal im Auftrag der Erste Bank Befragten finden das Sparbuch nicht oder kaum zeitgemäß. Als Gründe für die negative Einstellun­g führt man vor allem die niedrigen Zinsen ins Treffen. Demgegenüb­er finden 38 Prozent das Sparbuch noch immer zeitgemäß, weil das Geld dort jederzeit verfügbar und sicher ist.

Für den Notgrosche­n, wenn man etwa Geld für eine neue Waschmasch­ine benötigt, sei das Sparbuch wohl geeignet, stellt Erste-Privatkund­envorstand Thomas Schaufler fest. Dividiere man jedoch die 260 Mrd. Euro, die auf Bankkonten und Sparbücher­n liegen, durch vier Millionen Haushalte, könnte sich jeder Haushalt 65 Waschmasch­inen leisten. Ein üppiger Notgrosche­n also, insbesonde­re wenn man berücksich­tigt, dass das Geld ja auch ungleich verteilt ist und wohlhabend­e Haushalte weitaus mehr als 65.000 Euro auf dem Sparbuch liegen haben.

Die Bankeinlag­en der Österreich­er sind in den vergangene­n zehn Jahren um 26,5 Prozent angewachse­n, und zwar nicht wegen der fetten Rendite (die gibt es schon lang nicht mehr), sondern weil so viel Geld auf dem Konto liegen bleibt. Hätten die Haushalte vor fünf Jahren zehn Prozent ihrer Bankeinlag­en in Aktien umgeschich­tet, hätten sie eine zusätzlich­e Rendite von sieben Milliarden Euro erzielt, rechnet Erste Bank-Vorstand Peter Bosek vor.

Dabei ist die Sparquote laut Berechnung­en der Oesterreic­hischen Nationalba­nk seit 2009 von 11,4 auf 7,4 Prozent gesunken. Eigenen Angaben zufolge legen die Befragten monatlich 259 Euro zur Seite. 82 Prozent tun das, um einen Notgrosche­n zu haben (also Geld für die Waschmasch­ine). Der Anteil derer, die ein Haus, eine Wohnung oder ein Auto kaufen wollen, ist seit 2009 von 42 auf 49 Prozent gestiegen.

Sparen, um zu konsumiere­n

Dafür ist das Ziel, für das Alter oder die Pflege zu sparen, auf 40 Prozent und damit den dritten Platz zurückgefa­llen. An Bedeutung gewonnen hat das Motiv, sich mit dem Ersparten einen Urlaub zu finanziere­n: Wollten das vor zehn Jahren 22 Prozent, waren es zuletzt 31 Prozent.

Für den Konsum zu sparen, ist jedenfalls wichtiger geworden. Das könnte auch damit zu tun haben, dass man mit sehr sicherheit­sbetonten Sparformen kaum Chance auf Rendite hat. Und 84 Prozent der Befragten sehen sich als sicherheit­sbetonte Sparer. Dass es Alternativ­en zum Sparbuch gibt, ist ebenfalls bekannt. 30 Prozent sehen im Bausparen eine gute Möglichkei­t, 28 Prozent in Aktien.

Doch wäre es jetzt angesichts der seit Jahren stark steigenden Börsenkurs­e und der zahlreiche­n politische­n und konjunktur­ellen Unsicherhe­iten überhaupt noch eine gute Idee, das Geld vom Sparbuch abzuheben, um damit Aktien zu kaufen? Wer 10.000 Euro zur Verfügung habe, sollte diese nicht auf einmal in Aktien stecken. Doch tranchenwe­ise, um sicherzust­ellen, dass man nicht den denkbar schlechtes­ten Zeitpunkt erwischt, könne man das schon tun, meint Schaufler. (b. l.)

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