Bahnticket statt Dienstauto
Dienstfahrten. Will Österreich seine Emissionen im Verkehrsbereich senken, muss es bei den Firmen ansetzen. Die Finanzbranche geht als Vorbild voran, loben Umweltschützer.
Bis Österreich wieder eine gewählte Regierung hat, wird es noch eine Weile dauern. Doch eines ist schon heute gewiss: Welche Koalition auch immer die notwendige Kehrtwende in der Klimapolitik einläuten wird, kann das nicht ohne die heimischen Autofahrer schaffen. 29 Prozent aller Treibhausgasemissionen der Republik kommen aus dem Verkehrsbereich. Anders als in den restlichen Sektoren, steigt der CO2-Ausstoß hier seit Jahren an.
Bisher sind Politiker stets davor zurückgeschreckt, den Autofahrern im Land das Leben schwerer zu machen. Auch im abgelaufenen Wahlkampf galten Autofahrer und Pendler – trotz aller Euphorie für Greta Thunberg und den Klimaschutz – bei den meisten Parteien als sakrosankt. Verständlich, wer will schon wenige Wochen vor der Wahl potenzielle Wähler vergraulen. Aber vielleicht ist das auch gar nicht notwendig. Denn den größten Hebel im Verkehrssektor halten nicht die wahlberechtigten Bürger in der Hand, sondern Arbeitgeber.
Sechs von zehn Neuwagen, die in Österreich zugelassen werden, sind Dienstautos. 190.000 Firmenwagen kommen jedes Jahr neu hinzu. Zwei bis vier Jahre später landen sie am Gebrauchtwagenmarkt und stellen auch dort den größten Anteil. Die Frage, wie Unternehmen ihre Mitarbeiter von A nach B transportieren, hat also einen großen Einfluss auf die Fahrzeugflotte der Österreicher und die Emissionen aus dem Verkehrsbereich.
Wie grün also sind die Firmenflotten im Land? Ein grober Trend ist seit Jahren ersichtlich: Der Anteil der Diesel-Pkw sinkt auch bei Dienstautos rasch. Fuhren 2005 noch fast acht von zehn neuen Firmenwagen mit Diesel, so waren es im Vorjahr erstmals weniger als die Hälfte. Aber das allein hat offenbar nicht ausgereicht, um die Emissionen zu drücken.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat sich darum im Detail angesehen, was die heimischen Unternehmen tun, um ihre Dienstreisen klimaschonender zu gestalten. Exemplarisch wurden dafür die zehn größten Banken und Versicherungen in Österreich untersucht. Der Finanzsektor hat nicht nur einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Dienstwagen und -reisen, sondern muss auch keine schweren Lasten transportieren, was den Umstieg auf E-Mobilität vereinfachen sollte.
Das Ergebnis der Studie, die der „Presse“vorliegt, mag auf den ersten Blick überraschen: Greenpeace stellt der heimischen Finanzbranche nämlich ein hervorragendes Zeugnis aus. Verglichen mit anderen Wirtschaftszweigen seien die Banken und Versicherungen vorbildlich, heißt es. Alle Unternehmen hätten klare Zielvorgaben, ihre verkehrsbedingten Emissionen zu reduzieren. Die Firmen sind dabei durchaus erfindungsreich, und die meisten können bereits erste Erfolge vorweisen. So hat es die Bank Austria etwa geschafft, die zurückgelegten Dienstreisen zwischen 2008 und 2018 um drei Viertel zu verringern. Die gesamte CO2Emission sank um 65 Prozent. Teil des Konzepts ist auch eine dienstreisefreie Woche im Monat.
Die Erste Bank hat Kurzstreckenflüge gestrichen, wenn die Reisezeit per Bahn bis zu fünf Stunden beträgt. Prag, Innsbruck und Budapest werden die Bankmitarbeiter also (dienstlich) verstärkt mit der Bahn anfahren. Die Uniqa Versicherung gibt Mitarbeitern die Möglichkeit, zwischen einem Dienstauto und einem Mobilitätsbudget zu wählen. Fast alle Firmen setzen verstärkt auf Videokonferenzen und Home-Office, um Zeit, Emissionen und vor allem auch Kosten einzusparen.
Der Fuhrpark selbst ist immer noch von einer hohen Dieseldichte geprägt. Allerdings verdrängen die Elektroautos die Verbrenner zusehends. Etliche Banken rechnen damit, dass die Flotte in wenigen Jahren komplett elektrisch sein wird. Fast alle laden ihre E-Autos zudem mit Ökostrom auf. Der breit angelegte Umstieg auf Elektroautos ist nicht zuletzt den steuerlichen Vorteilen zu verdanken, den Unternehmen bei der Anschaffung eines strombetriebenen Fahrzeugs genießen.
Genau diese steuerlichen Vorteile müssten stark ausgebaut werden, fordert Greenpeace. Mehr Geld für Elektroautos, mehr Geld für den öffentlichen Verkehr, ein Ende der Steuerbegünstigung für Diesel. Und damit es auch schnell genug geht, sollte die Politik in den kommenden zehn Jahren auch gleich den Kauf von neuen Benzinern oder Dieselfahrzeugen verbieten. Man merkt, um ihre Wiederwahl müssen sich die Umweltschützer sichtlich keine Sorgen machen.