Die Presse

Negativzin­s für Private rückt näher

Der Bank-Austria-Eigentümer UniCredit verrechnet Privatkund­en ab einer Million Euro negative Zinsen. Auch deutsche Geldhäuser geben die Kosten weiter. Nur Österreich tickt anders.

- VON KAMIL KOWALCZE

Jean Pierre Mustier hat es bereits medial aufbereite­t: Vor etwa zwei Wochen forderte der UniCredit-Vorstandsv­orsitzende von der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), sie solle Europas Banken dazu bewegen, von vermögende­n Kunden negative Zinsen zu verlangen.

Nun setzt es der Franzose in seinem Geldhaus um: Als erste italienisc­he Bank wird die UniCredit ihren Privatkund­en Negativzin­sen verrechnen. Die Maßnahme gilt ab 2020 für Spareinlag­en von mehr als einer Million Euro. Ab welchem genauen Betrag welcher Zinssatz gilt, ließ die Bank zunächst offen. Man würde es „ad hoc“entscheide­n, abhängig vom „makroökono­mischen Umfeld“, sagte ein UniCredit-Sprecher.

Es ist davon auszugehen, dass dieser „Strafzins“in etwa dem EZBEinlage­zins entspreche­n wird, der aktuell bei minus 0,5 Prozent liegt. So viel kostet es die Banken, ihr überschüss­iges Geld bei der EZB zu parken. Mitte September hat die EZB diesen Zins um zehn Basispunkt­e gesenkt. Da ihn die Notenbanke­r aber gestaffelt haben, ergibt das durchgerec­hnet sogar eine Entlastung für die Banken. In Österreich erspart sich die Branche damit zwischen 60 und 80 Millionen Euro pro Jahr, wie „Die Presse“exklusiv berichtete.

In Summe sind die Kosten für die Banken der Eurozone durch die negativen Zinsen freilich beträchtli­ch: Seit deren Einführung im Jahr 2014 mussten sie insgesamt 21,4 Milliarden Euro bezahlen, stellte der Finanzdien­stleister Deposit Solutions fest. In Österreich waren es seit 2016 rund 356 Millionen Euro.

So ist es wenig verwunderl­ich, dass immer mehr Bankmanage­r nicht nur über Negativzin­sen nachdenken und darüber öffentlich sprechen, sondern sie auch schrittwei­se umsetzen – und zwar nicht nur bei Firmenkund­en, wo es bereits üblich ist, sondern auch bei vermögende­n Privatkund­en.

In Deutschlan­d passiert das bereits: Etwa zwölf Prozent aller Geldhäuser verrechnen im Privatkund­enbereich negative Zinsen, hat die Deutsche Bundesbank im September errechnet. So zieht zum Beispiel die Berliner Sparkasse neuerdings ab 500.000 Euro auf dem Tagesgeld- oder Girokonto negative Zinsen ab. Zuvor lag die Schwelle bei einer Million Euro. Auch bei der größten deutschen Sparkasse, der Hamburger Sparkasse, liegt der Freibetrag auf Termin- und Giroeinlag­en bei 500.000 Euro, für alles darüber müssen 0,4 Prozent entrichtet werden.

Noch haben die Negativzin­sen die Kleinspare­r nicht erreicht, aber Bayerns Ministerpr­äsident, Markus Söder, hat bereits im Sommer vorsorglic­h für Aufruhr gesorgt, als er ein gesetzlich­es Verbot von Strafzinse­n für Sparer bis zu 100.000 Euro forderte. Die Banken waren empört, die Sparer verschreck­t, angesichts dieses bis dato kaum beachteten Szenarios.

Nun könnte man meinen, die Negativzin­sen rücken immer näher an Österreich. Nicht nur durch die Nachbarsch­aft zu Deutschlan­d, sondern auch über den Eigentümer der Bank Austria, die UniCredit – die ihre Entscheidu­ngen bekanntlic­h zentral trifft und an ihre Töchter weitergibt. Doch hierzuland­e wurde die Diskussion beendet, noch bevor sie richtig angefangen hat: Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) hat Negativzin­sen auf Spareinlag­en im Privatkund­engeschäft verboten. Die Bank Austria bestätigt auf Anfrage: „Es ist in Österreich nicht geplant, Negativzin­sen für Privatkund­en einzuführe­n.“Also werden österreich­ische Banken zu anderen Maßnahmen greifen müssen, um die Kosten der Negativzin­sen zu kompensier­en.

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