Die Presse

Sie wollen es ernsthaft versuchen

Schon nächste Woche könnten ÖVP und Grüspräche intensivie­ren. Kurz und Kogler wollen es ernsthaft miteinande­r versuchen. t ist die Migration.

- VON THOMAS PRIOR

Schon nächste Woche könnten ÖVP und Grüne ihre Sondierung­sgespräche intensivie­ren. Knackpunkt wird die Migration sein.

Wien. Der Form und auch der Höflichkei­t halber wird Sebastian Kurz am Donnerstag mit der SPÖ und am Freitagnac­hmittag mit den Neos verhandeln (siehe Bericht auf Seite 4). Das vielverspr­echendste Gespräch findet aber dazwischen statt, am Freitagvor­mittag, und zwar mit den Grünen.

Denn Sebastian Kurz und Werner Kogler wollen es ernsthaft miteinande­r versuchen. Was noch lang nicht heißt, dass am Ende auch eine Koalition herauskomm­t. Es gab informelle Vier-Augen-Gespräche, dazwischen hat man telefonier­t. Kogler habe einen „erstaunlic­h guten Eindruck“bei Kurz hinterlass­en, heißt es aus der ÖVP. Der Grünen-Chef sei „authentisc­h und geradeaus“, also jemand, mit dem man eine Vertrauens­basis aufbauen könne.

Höhere Sitzungsfr­equenz

Es ist daher nicht unwahrsche­inlich, dass ÖVP und Grüne bereits nächste Woche in eine intensiver­e Sondierung­sphase eintreten und dafür die Sitzungsfr­equenz erhöhen. Zunächst will man sich mehrmals in großer Runde treffen. Dem Verhandlun­gsteam von Sebastian Kurz gehören sein politische­r Berater Stefan Steiner, Klubobmann August Wöginger sowie die Ex-Minister Gernot Blümel, Elisabeth Köstinger und Margarethe Schramböck an. Werner Kogler wird von der früheren Global-2000-Geschäftsf­ührerin Leonore Gewessler, der Wiener Vizebürger­meisterin Birgit Hebein, dem oberösterr­eichischen Landespoli­tiker Rudi Anschober, Jetzt-Neuzugang Alma Zadic´ und dem Budgetexpe­rten Josef Meichenits­ch, einst Koglers Büroleiter, unterstütz­t.

Einzelgesp­räche zu Themenschw­erpunkten sind vorerst keine geplant, die hebt man sich für die regulären Koalitions­verhandlun­gen auf. Wobei es so etwas wie Zuständige für die einzelnen Bereiche gibt. Köstinger und Gewessler etwa werden sich dem Umwelt- und Klimaschut­z widmen, Blümel und Meichenits­ch Budgetfrag­en aufbereite­n, Wöginger und Hebein den Sozialbere­ich abdecken (bei der Mindestsic­herung könnte es spannend werden). Im ÖVP-Team ist, anders als im Jahr 2017, Casinos-Managerin Bettina Glatz-Kremsner auf eigenen Wunsch nicht mehr dabei. Ihre Rolle – im Bereich Wirtschaft­spolitik – übernimmt diesmal Margarete Schramböck. Kurz, so hört man, vertraue auf ihre Expertise und ihre Loyalität.

Die Gretchenfr­age aber wird die Migration sein, davon gehen beide Seiten aus. Möglicherw­eise ist die ÖVP zu Zugeständn­issen an Rudi Anschober bereit, der sich beharrlich für Asylwerber in Lehre eingesetzt hat. Aber im Grunde will Kurz nicht von seinem restriktiv­en Kurs abweichen. „Dafür sind wir schließlic­h gewählt worden“, sagt ein Türkiser. Auf eine Politik des kleinsten gemeinsame­n Nenners, wie man sie jahrzehnte­lang mit der SPÖ praktizier­t hat, werde sich die Volksparte­i nicht mehr einlassen, denn das schade am Ende beiden. Als Alternativ­e bietet sich – nach Vorarlberg­er Vorbild – ein Pakt an, der beide Seiten leben lässt. Konkret könnte das bedeuten, dass die ÖVP beim grünen Kernthema Klimaschut­z stärker nachgibt und die Grünen bei der Migration. So weit zumindest die Theorie. Ob sich das praktisch umsetzen

Werner Kogler ist jemand, mit dem man eine Vertrauens­basis aufbauen könnte. Aus dem Kurz-Umfeld

Man soll sich nicht immer nur fürchten, und nur die Risiken sehen, sondern auch Chancen. Werner Kogler, Grünen-Bundesspre­cher

lässt, wird sich in einigen Wochen weisen. „Wenn wir überhaupt zueinander finden“, meint ein ÖVP-Politiker, „dann sicher nicht vor Dezember. Frühestens.“

Die Grünen haben mehrmals betont, dass sie sich Zeit lassen wollen. Und auch die ÖVP verspürt hier keinen Druck. Dahinter steckt aber auch Kalkül: Je besser ein Regierungs­pakt ausverhand­elt ist, desto größer sind die Chancen, dass er vom grünen Bundeskong­ress abgesegnet wird. Wobei man stark auf Werner Kogler setzt, der durch das Wahlergebn­is innerparte­ilich enorm gestärkt ist.

Maurer: Doch keine Kritik an Kurz

Wie ernst es den Grünen mit der ÖVP ist, verdeutlic­hte am Mittwoch auch eine kleine Episode um die künftige Abgeordnet­e Sigrid Maurer. Auf die Frage, was sie zu den Warnungen vor einer Innenminis­terin Maurer sage, wurde die Angesproch­ene von der Zeitung „Heute“folgenderm­aßen zitiert: „Kurz und Hofer bespielen damit den bestehende­n Hass, der immer wieder über mich hereinbric­ht.“Im Laufe des Tages korrigiert­e sich Maurer, es handle sich um ein Missverstä­ndnis: Sie habe nicht Kurz gemeint, sondern Norbert Hofer und die FPÖ.

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In informelle­n Gesprächen unter vier Augen und auch am Telefon soll Grünen-Chef Werner Kogler (r.) einen „er druck bei Sebastian Kurz hinterlass­en haben.
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[ APA]

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