Sie wollen es ernsthaft versuchen
Schon nächste Woche könnten ÖVP und Grüspräche intensivieren. Kurz und Kogler wollen es ernsthaft miteinander versuchen. t ist die Migration.
Schon nächste Woche könnten ÖVP und Grüne ihre Sondierungsgespräche intensivieren. Knackpunkt wird die Migration sein.
Wien. Der Form und auch der Höflichkeit halber wird Sebastian Kurz am Donnerstag mit der SPÖ und am Freitagnachmittag mit den Neos verhandeln (siehe Bericht auf Seite 4). Das vielversprechendste Gespräch findet aber dazwischen statt, am Freitagvormittag, und zwar mit den Grünen.
Denn Sebastian Kurz und Werner Kogler wollen es ernsthaft miteinander versuchen. Was noch lang nicht heißt, dass am Ende auch eine Koalition herauskommt. Es gab informelle Vier-Augen-Gespräche, dazwischen hat man telefoniert. Kogler habe einen „erstaunlich guten Eindruck“bei Kurz hinterlassen, heißt es aus der ÖVP. Der Grünen-Chef sei „authentisch und geradeaus“, also jemand, mit dem man eine Vertrauensbasis aufbauen könne.
Höhere Sitzungsfrequenz
Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass ÖVP und Grüne bereits nächste Woche in eine intensivere Sondierungsphase eintreten und dafür die Sitzungsfrequenz erhöhen. Zunächst will man sich mehrmals in großer Runde treffen. Dem Verhandlungsteam von Sebastian Kurz gehören sein politischer Berater Stefan Steiner, Klubobmann August Wöginger sowie die Ex-Minister Gernot Blümel, Elisabeth Köstinger und Margarethe Schramböck an. Werner Kogler wird von der früheren Global-2000-Geschäftsführerin Leonore Gewessler, der Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, dem oberösterreichischen Landespolitiker Rudi Anschober, Jetzt-Neuzugang Alma Zadic´ und dem Budgetexperten Josef Meichenitsch, einst Koglers Büroleiter, unterstützt.
Einzelgespräche zu Themenschwerpunkten sind vorerst keine geplant, die hebt man sich für die regulären Koalitionsverhandlungen auf. Wobei es so etwas wie Zuständige für die einzelnen Bereiche gibt. Köstinger und Gewessler etwa werden sich dem Umwelt- und Klimaschutz widmen, Blümel und Meichenitsch Budgetfragen aufbereiten, Wöginger und Hebein den Sozialbereich abdecken (bei der Mindestsicherung könnte es spannend werden). Im ÖVP-Team ist, anders als im Jahr 2017, Casinos-Managerin Bettina Glatz-Kremsner auf eigenen Wunsch nicht mehr dabei. Ihre Rolle – im Bereich Wirtschaftspolitik – übernimmt diesmal Margarete Schramböck. Kurz, so hört man, vertraue auf ihre Expertise und ihre Loyalität.
Die Gretchenfrage aber wird die Migration sein, davon gehen beide Seiten aus. Möglicherweise ist die ÖVP zu Zugeständnissen an Rudi Anschober bereit, der sich beharrlich für Asylwerber in Lehre eingesetzt hat. Aber im Grunde will Kurz nicht von seinem restriktiven Kurs abweichen. „Dafür sind wir schließlich gewählt worden“, sagt ein Türkiser. Auf eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, wie man sie jahrzehntelang mit der SPÖ praktiziert hat, werde sich die Volkspartei nicht mehr einlassen, denn das schade am Ende beiden. Als Alternative bietet sich – nach Vorarlberger Vorbild – ein Pakt an, der beide Seiten leben lässt. Konkret könnte das bedeuten, dass die ÖVP beim grünen Kernthema Klimaschutz stärker nachgibt und die Grünen bei der Migration. So weit zumindest die Theorie. Ob sich das praktisch umsetzen
Werner Kogler ist jemand, mit dem man eine Vertrauensbasis aufbauen könnte. Aus dem Kurz-Umfeld
Man soll sich nicht immer nur fürchten, und nur die Risiken sehen, sondern auch Chancen. Werner Kogler, Grünen-Bundessprecher
lässt, wird sich in einigen Wochen weisen. „Wenn wir überhaupt zueinander finden“, meint ein ÖVP-Politiker, „dann sicher nicht vor Dezember. Frühestens.“
Die Grünen haben mehrmals betont, dass sie sich Zeit lassen wollen. Und auch die ÖVP verspürt hier keinen Druck. Dahinter steckt aber auch Kalkül: Je besser ein Regierungspakt ausverhandelt ist, desto größer sind die Chancen, dass er vom grünen Bundeskongress abgesegnet wird. Wobei man stark auf Werner Kogler setzt, der durch das Wahlergebnis innerparteilich enorm gestärkt ist.
Maurer: Doch keine Kritik an Kurz
Wie ernst es den Grünen mit der ÖVP ist, verdeutlichte am Mittwoch auch eine kleine Episode um die künftige Abgeordnete Sigrid Maurer. Auf die Frage, was sie zu den Warnungen vor einer Innenministerin Maurer sage, wurde die Angesprochene von der Zeitung „Heute“folgendermaßen zitiert: „Kurz und Hofer bespielen damit den bestehenden Hass, der immer wieder über mich hereinbricht.“Im Laufe des Tages korrigierte sich Maurer, es handle sich um ein Missverständnis: Sie habe nicht Kurz gemeint, sondern Norbert Hofer und die FPÖ.