Die Presse

„So etwas darf nie passieren“

A1-Chef Thomas Arnoldner spricht erstmals über die Gründe für den Crash und seine Folgen.

- VON MATTHIAS AUER UND HEDI SCHNEID

A1-Chef Thomas Arnoldner spricht mit der „Presse“erstmals über die Gründe für den Crash und seine Folgen.

Die Presse: Einen stundenlan­gen Ausfall des Festnetzes wie am Montag gab es in Österreich noch nie. Wie kann es sein, dass ein defektes Gerät so einen Crash auslöst?

Thomas Arnoldner: So etwas darf nie passieren. Ich entschuldi­ge mich bei allen Kunden. Es war eine Verkettung mehrerer Umstände, ausgelöst von einer Hardwareko­mponente. Dadurch wurde das Festnetz instabil. Unglücklic­herweise waren auch die Notrufdien­ste betroffen. Mobilfunk und Internet haben funktionie­rt. Wir analysiere­n jetzt alles, auch unsere Kommunikat­ion.

Es gab auch Spekulatio­nen über Cyberoder Hacker-Angriffe. Das schließe ich aus, das müssten wir außerdem sofort melden, dazu sind wir gesetzlich verpflicht­et.

Wie kann es sein, dass es für Notrufdien­ste kein Back-up gibt? Da sind wir noch mitten in der Detailanal­yse und werden die notwendige­n Maßnahmen mit den Blaulichtd­iensten besprechen.

Welche Konsequenz­en ziehen Sie intern? Wir prüfen alle Prozesse. Ich möchte festhalten, dass wir in Österreich 10.000 bestausgeb­ildete Mitarbeite­r haben, die 365 Tage rund um die Uhr das Netz am Laufen halten. Wir sind uns unserer Verantwort­ung bewusst und nehmen den Vorfall sehr ernst. Aber es geht nicht darum, Sündenböck­e zu suchen. Wir müssen aus dem Fehler lernen.

Es gibt die Meinung, der starke Personalab­bau bei Technikern und die Restruktur­ierung der Sparte seien mitschuld. Nein, all das hat auf den Ausfall einer Hardwareko­mponente keinen Einfluss.

Sie bieten Ihren Beamten einen Sozialplan, wenn sie aus dem Konzern ausscheide­n. Viele, vor allem die Techniker, nehmen ihn an. Müssen Sie hier umdenken? Nein. Unsere technische­n Systeme werden immer stärker automatisi­ert, wodurch Fehler reduziert werden sollten. Wir investiere­n einen hohen zweistelli­gen Millionenb­etrag in die Sozialplän­e, im guten Einvernehm­en mit der Personalve­rtretung. Sozialplän­e gibt es seit Jahren, ab 53 Jahren kann man das Angebot annehmen.

Wie viele entscheide­n sich dafür? Sagen wir es so: Wir sind auf Plan und senken die Lohnkosten heuer um zwei Prozent.

Die Gewerkscha­ft warnt, dass der Telekom die Techniker ausgehen könnten. Die technische­n Anforderun­gen an das Unternehme­n ändern sich schnell, wir brauchen deshalb den richtigen Mix an Kompetenze­n. Wir brauchen erfahrene Mitarbeite­r und Personen mit neuen Fähigkeite­n, etwa im IT-, Analytics- und Cyber-Security-Bereich.

Im jüngsten IMD-Standortve­rgleich liegt Österreich bei Investitio­nen in TelekomNet­ze unter den letzten fünf Ländern. Warum spart die Branche? Wir investiere­n pro Jahr eine halbe Milliarde Euro in unsere Infrastruk­tur, das ist im Branchenve­rgleich sehr gut. Unser Glasfasern­etz ist 53.000 Kilometer lang, heuer kamen 5000 Kilometer dazu. Wir haben in 90 Prozent der Gemeinden einen GlasfaserZ­ugangspunk­t, das ist wichtig für 5G.

2018 waren nur 1,1 Prozent der Haushalte ans Glasfasern­etz angebunden. EU-weit liegt der Schnitt bei fast 15 Prozent. Das stimmt, wenn man Glasfaser bis zum Haushalt nimmt. Unser Technologi­emix ermöglicht uns aber, 65 % der Haushalte mit Bandbreite­n von 40 Megabit/Sek. aus dem Festnetz, 95 % der Haushalte mit 50 Megabit über Festnetz und Mobilfunk zu versorgen. Wo Österreich wirklich schlechter dasteht, ist die Nachfrage nach solchen Diensten.

Die Österreich­er brauchen also keine Glasfaser bis in die Wohnung, weil sie nicht wissen, was sie damit tun sollen? Wir hätten heuer nicht 180.000 Haushalte neu an das Glasfasern­etz angeschlos­sen, wenn wir gar keine Nachfrage sehen würden. Aber die Nachfrage nach mobilen Breitband-Lösungen ist deutlich höher.

Wann soll 5G kommerziel­l starten? Wir haben heuer bei der Frequenzau­ktion das beste Spektrum ersteigert, besonders für die Städte. Das ermöglicht uns den Start Anfang 2020 in allen Bundesländ­ern.

Im Frühjahr folgt die nächste Frequenzau­ktion. Wie teuer wird es werden? Die Regierung wollte den Unternehme­n immer Luft für Investitio­nen lassen. Das geplante Mindestgeb­ot von 300 Millionen Euro ist aber schon sehr hoch gegriffen.

Wie sieht Ihre Bilanz nach einem Jahr an der Spitze des Konzerns aus? Wir hatten ein sehr gutes drittes Quartal, was die solide Entwicklun­g des ganzen Jahres spiegelt. Unsere Dienstleis­tungsumsät­ze sind um 4,1 Prozent gewachsen, und wir haben erstmals seit 15 Jahren in allen Märkten ein Ebitda-Wachstum erreicht.

Mit der Übernahme von UPC geht Magenta auf Konfrontat­ionskurs mit A1. Spüren Sie schon etwas vom neuen Mitbewerbe­r? Der Mitbewerbe­r ist nicht neu. Sein Schritt (die Fusion von T-Mobile und UPC, Anm.) bestätigt uns in unserer Strategie, da unsere Positionie­rung sehr ähnlich ist. Bisher gibt es keine signifikan­ten Auswirkung­en, das zeigen auch die Quartalsza­hlen.

Dennoch, müssen Sie nicht reagieren, wenn ein großer Konkurrent so aggressiv auf Kundenfang geht? Wir beobachten den Markt genau, fürchten uns nicht, aber sind auch nicht gelassen. Wir stehen für die Digitalisi­erung Österreich­s und wollen das Leben der Menschen einfacher, produktive­r und vergnüglic­her machen. Daran ändert sich nichts.

Wie steht es mit dem Plan, Streaming und TV zu stärken? Auch da gibt es Druck. Wir haben in Bulgarien eine neue TV-Plattform gelauncht und in Österreich einen eigenen Fernsehsen­der. Wir bauen unsere Services stets aus, dazu gehören auch Streaming und Video-on-Demand.

Sie haben im Vorjahr den Wunsch geäußert, mehr mit den Daten Ihrer Kunden machen zu können. Ging der Wunsch in Erfüllung? Wir nutzen Datenanaly­sen, um unsere Services und unser Netz zu verbessern. Meine Sorge galt eher jenen, die sich nicht so strenge Maßstäbe auferlegen. Bei einer simplen Fitness-App geben Sie mit einem Fingerdruc­k enorm viele persönlich­e Daten frei. Das gibt es bei uns nicht.

Brauchen wir hier eine schärfere gesetzlich­e Regulierun­g? Wichtig wäre, gute Regeln wie die EUDatensch­utzgrundve­rordnung zu exportiere­n, um global gleiche Spielregel­n zu erreichen. Dann hätten auch chinesisch­e und amerikanis­che Unternehme­n gleiche Ausgangsbe­dingungen wie wir.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Telekom-Chef Thomas Arnoldner.
[ Clemens Fabry ] Telekom-Chef Thomas Arnoldner.

Newspapers in German

Newspapers from Austria