Die Presse

Rohani fordert Referendum

Iran. Der Präsident will in einer Volksabsti­mmung die Differenze­n mit den Hardlinern klären, um den Machtkampf in Teheran zu entscheide­n.

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Ob Annäherung an den Westen, Internet oder Stadionver­bote für Frauen: Im Iran streiten Reformer und Hardliner fast über jedes Thema. Nun werden Rufe nach einem Referendum für einen politische­n Kurswechse­l lauter. Selbst Präsident Hassan Rohani will auf diesem Weg diverse „strategisc­he Differenze­n“mit den Hardlinern klären. „In einigen strategisc­hen Angelegenh­eiten streiten wir uns seit 40 Jahren. So kann es nicht weitergehe­n, und der einzige Weg ist, dies in einem Referendum zu klären“, sagte Rohani. Es sei an der Zeit, die Bürger entscheide­n zu lassen, so der Präsident bei einem Treffen mit Studenten in der Teheraner Universitä­t.

Referenden sind ein Tabuthema in der Islamische­n Republik. Der erzkonserv­ative Klerus sowie die Hardliner sind dagegen, weil deren Ergebnisse das gesamte islamische System im Iran infrage stellen könnten. Für sie ist das Referendum vom März 1979, in dem sich eine klare Mehrheit der Iraner für das islamische System und gegen die Monarchie entschiede­n hatte, ein klares Bekenntnis zur Islamische­n Republik. Die Reformer um Rohani sehen das anders.

Rohani fordert, das Land sollte sich nicht von der Außenwelt abgrenzen und die Realitäten des 21. Jahrhunder­ts berücksich­tigen. Die Hardliner betrachten Veränderun­gen als Teil der „westlichen Kulturinva­sion“, mit der die Feinde des Iran die islamische­n Werte untergrabe­n wollten.

Ein Insider behauptet unterdesse­n, die USA hätten als Vergeltung für die Drohnenang­riffe gegen die saudischen Ölanlagen Ende September einen Cyber-Attacke auf den Iran gestartet. Er habe darauf abgezielt, den Iran an der Verbreitun­g von Propaganda zu hindern. Das US-Verteidigu­ngsministe­rium wollte die Reuters-Informatio­nen nicht bestätigen. Offiziell haben die USA mit der Entsendung Tausender weiterer Soldaten nach Saudiarabi­en reagiert.

Unter Experten gelten Cyber-Angriffe als Vergeltung­smaßnahme, ohne den Gegner frontal anzugreife­n. „Man kann Schaden verursache­n, ohne Menschen zu töten oder Dinge in die Luft zu sprengen“, sagte James Lewis vom Zentrum für Strategisc­he und Internatio­nale Studien in Washington. Mitte September war bei einem Drohnen-Angriff das Zentrum der Ölindustri­e Riads getroffen worden. Der Westen macht dafür den Iran verantwort­lich. (Reuters/DPA)

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