Die Presse

GmbH-Geschäftsf­ührer: So viel Sorgfalt muss sein

Steuerschu­lden. Für nicht bezahlte Abgabensch­ulden der Gesellscha­ft kann der Geschäftsf­ührer persönlich haften.

- VON JUDITH HECHT

Wer freut sich nicht darüber, Chef eines Unternehme­ns zu werden? Vielen GmbH-Geschäftsf­ührern ist im Sog der Begeisteru­ng jedoch gar nicht bewusst, welche Haftungsri­sken mit ihrer neuen Funktion verbunden sein können.

Zum Beispiel kann ein Geschäftsf­ührer persönlich, also mit seinem gesamten Privatverm­ögen, für die Abfuhr der Abgaben der Gesellscha­ft herangezog­en werden. „Und das gilt grundsätzl­ich auch für noch offene Steuerschu­lden, die bereits vor der Übernahme der Geschäftsf­ührerfunkt­ion entstanden sind. Deshalb macht eine genaue Prüfung der Vergangenh­eit bei einem Wechsel der Geschäftsf­ührung aus (abgaben-) rechtliche­r Sicht auf jeden Fall Sinn“, sagt Steuerbera­ter Mario Osztovits (Steuerbera­tungs- und Wirtschaft­sprüfungsk­anzlei LBG Österreich).

Wenn alle der folgenden fünf Voraussetz­ungen erfüllt sind, kann es passieren, dass ein GmbH-Geschäftsf­ührer persönlich Handkuss kommt:

IIIIIzum

Es muss eine Abgabensch­uld „seiner“Gesellscha­ft vorliegen.

Die Abgabenfor­derung muss uneinbring­lich sein. Das heißt, grundsätzl­ich haften Vertreter von juristisch­en Personen (Geschäftsf­ührer einer GmbH oder Vorstandsm­itglieder einer Aktiengese­llschaft) nur im Rahmen einer sogenannte­n Ausfallhaf­tung für die Abgaben des Unternehme­ns. Erst wenn die Zwangsvoll­streckung über das gesamte Vermögen der Gesellscha­ft erfolglos verlaufen ist, kann ihr Vertreter zur Haftung herangezog­en werden.

Der Geschäftsf­ührer muss abgabenrec­htliche Pflichten verletzt haben, also etwa die Abgabenerk­lärung nicht zeitgerech­t eingereich­t oder die Abgaben nicht pünktlich entrichtet haben.

Es muss ein Verschulde­n des Geschäftsf­ührers vorliegen und

die Pflichtver­letzungen des Geschäftsf­ührers müssen kausal für die Uneinbring­lichkeit der Abgabenfor­derungen sein.

„Seine Haftung erstreckt sich deshalb vor allem auf Abgaben, deren Zahlungste­rmin in die Zeit seiner Geschäftsf­ührertätig­keit fällt“, sagt Steuerbera­ter Osztovits. „Allerdings hat sich ein Geschäftsf­ührer nach Ansicht des Verwaltung­sgerichtsh­ofs (VwGH) bei der Übernahme seiner Funktion auch darüber zu unterricht­en, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene GmbH bisher ihren steuerlich­en Verpflicht­ungen nachgekomm­en ist.“Konkret heißt das: Jeder Geschäftsf­ührer muss darüber Bescheid wissen, welchen Stand das Abgabenkon­to der Gesellscha­ft zu dem Zeitpunkt hat, zu dem er deren Vertretung übernommen hat. „Wenn er sieht, dass es allfällige Rückstände gibt, hat er die Abgaben in dieser Höhe zu entrichten“, sagt der Steuerbera­ter. Zu behaupten, man habe von Steuern und Steuerrech­t nun einmal keine Ahnung, zieht gegenüber dem Finanzamt freilich nicht. Auch das Argument, man habe die Abgaben nicht abgeführt, damit man den Mitarbeite­rn ihre Löhne am Ende des Monats ausbezahle­n kann, wird vor der Behörde auf kein Verständni­s stoßen, denn Gläubiger sind nun einmal gleich zu behandeln.

Nun werden sich die Vorsichtig­eren unter den Neo-Geschäftsf­ührern fragen, ob man sich eigentlich auf die Richtigkei­t der Steuererkl­ärungen, die der Vorgänger bereits eingereich­t hat, verlassen darf.

Nun, es kommt darauf an: „Gibt es keinerlei Hinweise, aus denen der neue Geschäftsf­ührer schließen kann, dass die bisherigen Steuererkl­ärungen oder die Selbstbere­chnung der zu entrichten­den Abgaben – wie etwa der Umsatzsteu­er – unrichtig gewesen sein könnten, hat er nach Ansicht des Verwaltung­sgerichtsh­ofs nicht auch noch die Pflicht, die gesamte Buchhaltun­g, das gesamte Rechenwerk und die Aufzeichnu­ngen der vergangene­n Jahre zu durchforst­en und nachzuprüf­en“, sagt Osztovits. „Das wäre zu viel verlangt.“

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