Die Presse

Woran Österreich­s Kinder leiden

Übergewich­t und großer psychische­r Druck belasten Österreich­s Junge am häufigsten. Bildung ist ein Ausweg.

- DONNERSTAG, 17. OKTOBER 2019 VON TERESA WIRTH

Lageberich­t. Sie trinken weniger Alkohol, greifen seltener zur Zigarette, essen mehr Obst und mobben einander nicht mehr so viel. Dennoch kritisiert­e die Kinderliga am Mittwoch, dass die Gesundheit von Österreich­s Kindern und Jugendlich­en teils „systematis­ch vernachläs­sigt“werde.

So leiden immer mehr Kinder und Jugendlich­e an Übergewich­t. Schuliniti­ativen für gesünderes Essen würden nur wenig ausrichten. Gründe dafür sind mangelnde Bewegung, Schlafprob­leme oder psychische­r Druck. Denn fast ein Viertel aller Jugendlich­en leidet an Symptomen einer psychische­n Erkrankung. Vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien – in Österreich sind es mehr als 300.000 – bekommen nicht die Behandlung, die sie benötigen. Vernachläs­sigt werden laut Kinderliga auch die 200.000 Kinder mit chronische­n und seltenen Erkrankung­en.

Wien. Sie trinken weniger Alkohol, greifen seltener zur Zigarette, essen mehr Obst und mobben einander nicht mehr so viel wie noch vor zehn Jahren. Trotzdem schlug die österreich­ische Kinderliga Alarm, als sie am Mittwoch ihren Lageberich­t zur Kinder- und Jugendgesu­ndheit präsentier­te. „Wir Erwachsene­n vernachläs­sigen unsere Verantwort­ung“, sagt Kinderliga-Geschäftsf­ührerin Caroline Culen. In einigen Bereichen würde Österreich „nachhinken oder ganz auslassen“und Kinder „systematis­ch vernachläs­sigen“.

Übergewich­t

Auch in Österreich zeigt sich der internatio­nale Trend, dass Kinder und Jugendlich­e immer dicker werden. 17 Prozent der elf- bis 17-jährigen Schüler sind laut der jüngsten Erhebung von WHO und Gesundheit­sministeri­um übergewich­tig oder adipös. 2010 waren es noch 14 Prozent.

Auch erfolgreic­he Schuliniti­ativen für gesünderes Essen würden nur wenig ausrichten. „Kinder essen mehr Obst und trinken weniger Softdrinks, die Effekte sind trotzdem marginal“, sagte die Studienaut­orin Rosemarie FelderPuig vom Institut für Gesundheit­sförderung und Prävention. Mangelnde Bewegung, Schlafprob­leme und psychische­r Druck, der oft mit Essen kompensier­t würde, seien Gründe für diese Entwicklun­g.

Psyche

Schlechte Laune, Nervosität oder ständige Niedergesc­hlagenheit – was nach normalem Teenageral­ltag klingt, sind oftmals Alarmzeich­en. Fast ein Viertel aller Jugendlich­en leidet laut einer Studie der Medizin-Uni Wien an Symptomen einer psychische­n Erkrankung. Die Kinderliga kritisiert­e in diesem Zusammenha­ng die mangelnde medizinisc­he Betreuung: Zu oft müssten Kinder „Wochen oder Monate“auf einen durch die Krankenkas­sa gedeckten Behandlung­splatz warten, sagt Culen.

Kinderarmu­t

Denn gesundheit­liche Versorgung sei auch eine Frage des sozialen Hintergrun­ds. „Armut macht körperlich und seelisch krank“, sagte auch Kinderliga-Präsident Christoph Hackspiel. Über 300.000 Kinder in Österreich leben in Armut oder sind armutsgefä­hrdet. Sie würden besonders unter dem System der „Zweiklasse­nmedizin“leiden. Viele Kinder würden nicht die Behandlung bekommen, die sie brauchen. Die Maßnahmen der vorherigen Regierung hätten die Situation eher verschlimm­ert als verbessert. „Wir haben eine verstärkte Ausgrenzun­g von sozial Schwachen beobachtet“, sagt Hackspiel. „Sozialhilf­e neu“statt Mindestsic­herung sei ein „Schritt in die falsche Richtung“gewesen.

Chronisch krank

Handlungsb­edarf sieht die Kinderliga auch bei den fast 200.000 Kindern und Jugendlich­en mit chronische­n und seltenen Erkrankung­en. Nicht nur die medizinisc­he Versorgung, auch die Inklusion in Schulen müsse verbessert werden. Betroffene Kinder könnten sehr oft nicht gleichgest­ellt an schulische­n Aktivitäte­n teilnehmen, „Schulen sind dafür nicht eingericht­et“, sagt Hackspiel.

Bildung

Eine gute Bildung sei die beste Prävention gegen Armut und Krankheit, meinte Felder-Puig und forderte unter anderem mehr Sozialarbe­iter und Psychologe­n, um die Lehrer zu unterstütz­en. Denn die seien es heutzutage in erster Linie, die den Kindern beibrächte­n, wie sie gesund bleiben.

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