Die Presse

Christian Kern und Ches Schweizer Uhr

Ex-SPÖ-Chef teilt Foto von „respektier­tem“Revolution­är.

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Schon Leo Trotzki fragte sich: Dürfen sozialdemo­kratische Politiker Luxusgüter besitzen? In seinen Memoiren schrieb der russische Revolution­är, die Wiener Sozialdemo­kraten hätten ihn „durch gewisse Gesten, die ich mit ihrem marxistisc­hen Bekenntnis absolut nicht in Einklang zu bringen vermochte“, verblüfft. So würden sie „mit einer kostbaren goldenen Uhr“prahlen, notierte Trotzki über die Wiener Genossen, die sich von Arbeitern teilweise als „Genosse Herr Doktor“anreden ließen.

Der Versuch der Vereinbark­eit von gehobenem Lebenswand­el und Sozialdemo­kratie treibt heute noch skurrile Blüten. Ex-Kanzler und Ex-SPÖ-Chef Christian Kern teilte am Mittwoch ein Foto von Che Guevara: „Eine weltweit respektier­te und bewunderte Ikone der Revolution trägt eine Schweizer Präzisions­uhr. Kein Mensch hat deshalb an seinen Motiven und seiner Überzeugun­g gezweifelt“, schrieb Kern, nunmehr Privatmann, in seinem Beitrag auf dem sozialen Netzwerk Twitter über den kubanische­n Revolution­sführer.

Kritik an „Ikone“Guevara

Kerns Beitrag sorgte auf Twitter für einiges Nasenrümpf­en. „Ich zweifle an dieser angebliche­n Ikone, nicht an der Schweizer Präzisions­uhr“, antwortete etwa Ex-„Kurier“Chef und Neo-Neos-Politiker Helmut Brandstätt­er. „Falter“-Chefredakt­eur Florian Klenk teilte Berichte über Erschießun­gen, die Guevara befürworte­t hatte, sowie Exekutione­n durch den kommunisti­schen Revolution­sführer.

Kerns Tweet kam nach einer Diskussion über SPÖ-Politiker, die mit gemeinhin als luxuriös geltenden Gegenständ­en auftreten. Der Tiroler SPÖ-Chef, Georg Dornauer, und der Ex-SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Thomas Drozda wurden von Kommentato­ren wegen ihrer Porsche-Wagen gescholten; Drozda wurde nach seinem Antritt als Parteimana­ger im Vorjahr wegen seiner Patek-Philippe-Uhr kritisiert. (epos)

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