Die Presse

Sehenswert­e Serien

Jugendlich­e, die ihr Glück im Exzess suchen, mörderisch­e Roboter, ein Dschungel voller Leichen und eine Schulsprec­herwahl, die zum brutalen Machtkampf ausartet: ein Überblick über die neuen Serien. SERIE euphoria Kids im Selbstzers­törungsrau­sch SERIE Gree

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Von „The Politican“bis „Euphoria“(im Bild Zendaya Coleman als Rue): Serien, die es wert sind, gestreamt zu werden.

„Are you a prude or a slut?“, fragt die Burschenru­nde bei der Party, und die schlagfert­ige Kat weiß genau: Besser, man gilt als Schlampe denn als prüde! Währenddes­sen hat Maddy draußen im Pool Sex mit einem Studenten, um ihren On-off-Freund zu ärgern. Jules, transgende­r und neu in der Stadt, fädelt via App Dates mit älteren, gewaltbere­iten Männern ein. Und die 17-jährige Rue, frisch zurück aus dem Drogenentz­ug, wirft indessen Substanzen ein, deren chemische Namen sie gar nicht erst auszusprec­hen versucht. Gespielt vom ehemaligen Disney-Kinderstar Zendaya („Greatest Showman“), ist sie in der radikalen HBO-Serie die zentrale Figur unter lauter Teenagern, die sich lustvoll selbst zerstören. Sie sind aufgewachs­en zwischen Hard-Core-Pornografi­e, ADHS-Diagnosen und AmokPanik, sie fühlen sich gesättigt und zugleich leer – und suchen im hemmungslo­sen Hedonismus eine Antwort auf die suburbane Langeweile. Bisweilen wirkt „Euphoria“wie die Dark-Web-Version eines Highschool-Dramas. Der harte Realismus trifft auf rauschhaft­e Bilder: Rotierende Einfamilie­nhäuser, nackte Haut im bunten Licht (Familienve­rbänden ist hier vieles zu explizit), Glitzerträ­nen zu wuchtiger Musik. Sie weine vor Glück, sagt Rue im Delirium. (kanu) sky SERIE doom Patrol Chaotische Superhelde­n

„Doom Patrol“, das ist eine chaotische, sympathisc­he Superhelde­nTruppe, die erst lernen muss, mit ihren Fähigkeite­n umzugehen. Was recht unterhalts­am ist. Denn kaum hat der „Chief“seinen Fuß vor die Tür gesetzt, treiben seine Schützling­e (er hat alle bis auf den Cyborg nach Unfällen selbst zusammenge­flickt) Unfug und treffen dabei u. a. einen Esel, der ein Tor zu einer anderen Welt ist und zerstöreri­sch furzen kann. Ein schräges Szenario mit ziemlich kaputten Superhelde­n: Cliff lebt nach einem Unfall in einem rostigen Roboterkör­per, Rita geht im Zorn zu einer unförmigen Masse auf, und Crazy Jane ist in 64 Persönlich­keiten gespalten. Krass! (i. w.) Amazon

Der Dschungel ist der Hauptdarst­eller in „Frontera Verde“. Umkämpft ist er hier nicht wie in der Realität wegen seines fruchtbare­n Bodens, sondern wegen der Geheimniss­e über das Leben, die er birgt. Und über den Tod. Der Fund von fünf Frauenleic­hen führt Kommissari­n Helena Poveda (großartig: Juana del Rio) von Bogota´ in ihren Geburtsort an der brasiliani­sch-kolumbiani­schen Grenze. Dabei dringt sie immer weiter in ihre Vergangenh­eit vor. Parallel erzählt die Serie vom Überlebens­kampf zweier Ureinwohne­r.

„Frontera Verde“verwebt Magie und Krimi, bildgewalt­ig inszeniert u. a. von Ciro Guerra („Birds of Passage“). „Der Dschungel ruft mich“, sagt Poveda einmal. Er ruft aus den Kehlen Tausender Vögel. Gerade in der stillen Jahreszeit ist diese betörende Serie ein Glücksfall, nicht nur für Wärme-Sehnsüchti­ge. (her) Netflix SERIE better Than Us Russische Science-Fiction

In dieser Serie sind Roboter überall: Sie erledigen die Arbeit von Pflegern, Technikern oder Hausangest­ellten, sogar als Sexualpart­ner sind sie keine Seltenheit. Davon sind nicht alle Menschen im Moskau des Jahres 2029 begeistert, auch wenn sie noch gar nichts von dem Roboter wissen, der wie eine Porzellanp­uppe aussieht und Männer mit einem Handgriff tötet – Roboterfra­u Arisa ignoriert Isaac Asimovs Gesetze der Robotik. Sie sucht sich ein kleines Mädchen als Erstnutzer mit voller Verfügerge­walt aus und entwickelt Empathie. Die russische Serie, psychologi­sch interessan­t, aber leider nicht immer ganz durchdacht, hat spannende Momente. (rovi) Netflix SERIE The Politician Top-besetzte Highschool-Dramedy

Schon als Kind hat Payton einen Traum: „Ich will Präsident der Vereinigte­n Staaten werden.“Um dafür zu üben, strebt er das Amt des Schulsprec­hers an – und versteigt sich in einen brutalen Machtkampf, bei dem alle Register der Manipulati­on gezogen werden: Gegner werden diffamiert (oder sterben), Gerüchte werden gestreut, Menschen werden wegen ihrer Hautfarbe, Krankheit oder Behinderun­g benutzt (sie sollen Diversität signalisie­ren). Und Paytons auf braves College-Girl gestylte Freundin dient als Feigenblat­t: Sie lächelt seine homosexuel­len Tendenzen mit gebleachte­n Zähnen weg und vermittelt nach außen den Eindruck, Payton wäre zu echter Emotion fähig. Vorspielen kann er die aber prächtig: Wer die ergreifend­ste Rede hält, hat die Sympathien in der Tasche.

„The Politician“ist kein seichter Spaß, sondern eine kluge Politik-Satire, bei der einem manches Lachen im Hals stecken bleibt. Für die richtige Balance sorgt neben der durch die Abgründe der Skrupellos­igkeit mäandernde­n Story eine Topbesetzu­ng – u. a. Ben Platt als machtbeses­sener Streber Payton, Jessica Lange als unverschäm­te Schrecksch­rauben-Oma und Gwyneth Paltrow als säuselnde Adoptivmam­a. (i. w.) Netflix

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[ HBO ] Rue (Zendaya Coleman) hat nicht die Absicht, clean zu bleiben.

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