Die Presse

Vor universell­em Grippe-Impfstoff

Medizin II. Österreich­ische Forscher haben einen vielverspr­echenden Weg entdeckt.

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Die Apothekerk­ammer erteilt dem Vorstoß der Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB) für eine Liberalisi­erung bei den Hausapothe­ken eine Abfuhr. Es sei eine Illusion zu glauben, damit die Gesundheit­sversorgun­g im ländlichen Raum verbessern zu können, sagten Vertreter der Kammer bei einer Pressekonf­erenz am Freitag.

Eine Liberalisi­erung würde die Schließung von zehn Prozent der Apotheken „in der Minute“bedeuten, warnt Präsidiums­mitglied Gerhard Kobinger. Insgesamt wäre seiner Meinung nach fast die Hälfte der Apotheken zumindest gefährdet. Betroffen wären insgesamt 6000 Arbeitsplä­tze mit einem Frauenante­il von 89 Prozent sowie zahlreiche Lehrstelle­n.

Die BWB hatte am Mittwoch auf Basis einer Branchenun­tersuchung zur Gesundheit­sversorgun­g im ländlichen Raum vorgeschla­gen, den Apothekenm­arkt zu liberalisi­eren, um Hausarztor­dinationen auf dem Land attraktive­r und damit lukrativer zu machen. Dabei stelle die ärztliche Hausapothe­ke „aus wettbewerb­lichen Gesichtspu­nkten ein entscheide­ndes Instrument“dar.

Derzeit dürfen praktische Kassenärzt­e nur dann eine Hausapothe­ke betreiben, wenn es im Umkreis von vier bzw. sechs Straßenkil­ometern keine öffentlich­e Apotheke gibt. Eröffnet eine Apotheke in diesem Gebiet, muss der Hausarzt seine Apotheke binnen drei Jahren schließen. Die BWB fordert die Streichung dieser gesetzlich­en Mindestent­fernungen.

Kobinger hält dem eine Untersuchu­ng der Sozialvers­icherung unter Turnusärzt­en entgegen, die vor allem die Lebensumst­ände am Land für den mangelnden Willen, dort als Hausarzt zu arbeiten, als Grund anführt – im Speziellen die Work-Life-Balance. Dabei sei auch gefragt worden, inwiefern die Hausapothe­ken den Beruf eines Landarztes attraktive­r machen würden. „Ja, es ist ein bisschen Geld, aber glücklich macht mich das auch nicht“, beschreibt Kobinger das Ergebnis der Befragung und widerspric­ht damit der Erwartung der BWB, mit der Maßnahme mehr praktische Ärzte aufs Land locken zu können.

„Das Lamentiere­n der Apothekerk­ammer über die Forderung nach mehr ärztlichen Hausapothe­ken macht eines überdeutli­ch: Hier geht es ihr offensicht­lich nicht um die bestmöglic­he Patientenv­ersorgung, sondern primär um finanziell­e Eigeninter­essen“, sagt Johannes Steinhart, Vizepräsid­ent der Ärztekamme­r, als Reaktion auf die Pressekonf­erenz.

Hausapothe­ken seien überall sinnvoll, weil Patienten beim niedergela­ssenen Arzt alles aus einer Hand bekommen und sich oft unnötige Wege ersparen würden. Steinhart: „Ganz besonders gilt das aber in entlegenen Regionen im ländlichen Raum, wo es nur wenige öffentlich­e Apotheken gibt. Hier sind Hausapothe­ken die richtige und einfache Lösung für ein Versorgung­sproblem.“(APA/red.)

Eine Grippeimpf­ung ist Jahr für Jahr neu angezeigt. Grund: Die Virenstämm­e mutieren, Mediziner wissen erst vor Beginn der Saison, welcher dominieren­d sein wird. Nun ist österreich­ischen Forschern ein Schritt in Richtung eines Impfstoffe­s geglückt, der universell auf alle Grippestäm­me wirkt.

Mit einer Mischung aus veränderli­chen und gleich bleibenden Oberfläche­nelementen der Grippevire­n schufen in den USA tätige österreich­ische Forscher ein künstlich erzeugtes chimäres Serum, das im klinischen Versuch für alle Stämme funktionie­rte. Die Studie erschien im Fachjourna­l „The Lancet Infectious Disease“.

Influenzav­iren tragen auf ihrer Oberfläche einen Eiweißstof­f namens Hämaggluti­nin, der sie in die Wirtszelle­n leitet. Die meisten saisonalen Impfstoffe machen das Immunsyste­m auf dessen exponierte­n „Kopf“-Abschnitt aufmerksam, damit es die Viren erkennt und zerstört. Doch dieser Kopf-Abschnitt ist bei den Grippevire­nstämmen sehr unterschie­dlich und wandelt sich ständig. Ein Team um die österreich­ischen Virologen Florian Krammer und Peter Palese, die an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York forschen, hat einen Weg gefunden, das Immunsyste­m gegen den bei allen Stämmen sehr ähnlichen „Hals“Abschnitt scharfzuma­chen.

Da der versteckte Hämaggluti­ninhals dem Immunsyste­m gleichgült­ig ist, haben sie ihm verschiede­ne Köpfe von Vogelgripp­estämmen aufgesetzt und dem Immunsyste­m von Versuchspe­rsonen solche chimären Seren „gezeigt“. Ein klinischer Versuch wurde gestartet. „Der Impfstoff rief eine breite Antikörper­antwort hervor und kreuzreagi­erte nicht nur mit derzeit zirkuliere­nden humanen Influenzav­iren, sondern auch mit Influenzas­ubtypen von Vögeln und Fledermäus­en“, so Krammer – für die Wissenscha­ftler vielverspr­echende Zwischener­gebnisse für einen universell­en Impfstoff gegen alle Influenzav­iren. (APA)

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