Österreichs Firmen im Würgegriff Chinas?
China. China setzt Firmen politisch unter Druck und nutzt dabei den langen Arm seiner wirtschaftlichen Macht. Sind auch österreichische Unternehmen gefährdet?
Wien. China hat in den letzten zehn Jahren mehr als 350 europäische Unternehmen erworben. Die gesamten chinesischen Investitionen in Europa belaufen sich auf 348 Milliarden US-Dollar. Prinzipiell sind Investitionen gut für den Standort. Aber wenn das Geld von chinesischen Firmen kommt, muss eines klar sein: Alles wird dem politischen Regime Chinas untergeordnet.
Maulkorb für US-Firmen
Die seit Monaten anhaltenden Massenproteste in Hongkong lassen China um sich schlagen. Die Demonstranten der Sonderverwaltungszone befürchten eine wachsende Einflussnahme der chinesischen Regierung. Jüngst knickte der Computerspielehersteller Blizzard vor der Chinesischen Kommunistischen Partei (KPC) ein. Der professionelle E-Sportler Ng Wai „Blitzchung“Chung hatte sich nach einem Sieg in einem E-Sport-Turnier für die Proteste in seiner
Heimat Hongkong ausgesprochen. Daraufhin hatte ihn der Veranstalter, das US-Unternehmen Blizzard, ein Jahr lang für Turniere gesperrt und ihm sein Preisgeld und seinen erspielten Rang als Großmeister aberkannt. Außerdem wurden die beiden Kommentatoren gefeuert. Sie hatten sich während des Statements von „Blitzchung“unter dem Tisch versteckt, das wurde ihnen als Zustimmung ausgelegt.
China ist ein wichtiger Absatzmarkt für den Spieleentwickler aus Kalifornien, der chinesische Konzern Tencent hält fünf Prozent der Blizzard-Aktien. In einer Erklärung auf Chinesisch heißt es, Blizzard wolle die nationale Würde Chinas schützen.
An „Blitzchung“wurde ein Exempel statuiert, wer glaubt, dass das nur Hongkonger trifft, irrt. Chinas Staatssender CCTV strich eine Live-Übertragung von zwei BasketballTestspielen der NBA in Shanghai und Shenzhen nach einem Pro-Hongkong-Tweet des Vorstands der Houston Rockets, Daryl Morey. Seitdem üben chinesische Sponsoren massiven Druck auf die Liga aus. Die Verträge mit der NBA liegen auf Eis.
In allen Branchen wird hart durchgegriffen. Auch Apple versucht der KPC gewogen zu sein. China bietet mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern so viele Kunden wie kein anderes Land auf der Welt. Prompt entfernte Apple eine Verkehrsapp aus seinem Angebot, die Protestierenden in Hongkong die Standorte der Polizei zeigt. Wer ein Stück von Chinas Kuchen abbekommen will, riskiert politische Abhängigkeiten und im Zweifelsfall eben auch einen Maulkorb.
Chinas Engagement in Österreich steigt
Wenn sich selbst große Spieler aus den USA wie Apple dem Drachen beugen, wie sieht es in Österreich aus? Seit drei Jahren legen die Direktinvestitionen Chinas kräftig zu.
Auch in Österreich sind die chinesischen Investoren dem Regime komplett hörig. „Chinesische Firmen selbst haben praktisch keinerlei Handhabe, sich Wünschen der Regierung zu widersetzen“, sagt Christoph Steinhardt, Professor für Sinologie an der Universität Wien, zur „Presse“.
Mit welchen Mitteln sie die Wünsche der KPC an österreichische Unternehmen weitergeben, ist unklar. „Derzeit werden wir von unseren chinesischen Investoren nicht unter Druck gesetzt“, sagt ein österreichischer Unternehmer anonym zur „Presse“. „Wir würden trotzdem davon Abstand nehmen, uns öffentlich zu politischen Themen zu äußern.“
China versuche, einzelne Unternehmen für die Verletzungen der „politischen Korrektheit“unter Druck zu setzen, erklärt Steinhardt. Beispielsweise gab es letztes Jahr eine Kampagne, Fluglinien dazu zu bringen, Taiwan als „Taiwan, China“zu bezeichnen. China betrachtet Taiwan als Bestandteil seines Territoriums und versucht das auch international zu kommunizieren. Davon betroffen waren auch die Austrian Airlines (AUA). Derzeit bezeichnen große Fluglinien wie Air France, British Airways, Lufthansa und eben auch die AUA die Destination als „Taiwan, China“. Wer in die Region fliegen will, muss sich dem System beugen.
Schweigen ist Gold
„Aus unternehmerischer Sicht kann ein gewinnorientiertes Unternehmen mit signifikanten wirtschaftlichen Interessen im chinesischen Markt sich Anforderungen der chinesischen Regierung nur schwer widersetzen, solang diese im Rahmen der Gesetze des jeweiligen Landes bleiben“, räumt Steinhardt ein. „Es ist für solche Unternehmen deshalb rational, sich mit den aktuellen Gepflogenheiten der ,politischen Korrektheit‘ in China zu befassen und diese in der Öffentlichkeit nicht zu verletzen.“
Der Hongkong-Experte fordert: „Es ist deshalb Aufgabe der österreichischen und europäischen Politik und Öffentlichkeit, sich mit solchen Szenarien zu befassen und dazu eine Position zu entwickeln.“Die Liste der Unternehmen Österreichs mit chinesischen Investoren ist lang: Neben dem Skihersteller Atomic haben auch der Flugzeugzulieferer FACC, der Motorenhersteller ATB, der Kranhersteller Palfinger, der Strumpfproduzent Wolford und der Flugzeugbauer Diamond Aircraft Gesellschafter aus China. Keines dieser heimischen Unternehmen äußerte sich jemals öffentlich kritisch über China.