Die Presse

Lässt sich die Fachkräfte­lücke schließen?

Wir nutzen das inländisch­e Arbeitskrä­ftepotenzi­al viel zu wenig.

- Josef.urschitz@diepresse.com

D ie Industrie hat neulich von der neuen Regierung eine bessere Zuwanderun­gsstrategi­e gefordert, um den drückenden Facharbeit­ermangel zu beseitigen. Klingt logisch.

Allerdings hat in jüngster Zeit das deutsche Bundesinst­itut für Bevölkerun­gsforschun­g (BiB) festgestel­lt, dass die drohende Babyboomer-Lücke auf dem (mit ähnlichen Problemen kämpfenden) deutschen Arbeitsmar­kt weitgehend im Inland geschlosse­n werden könnte, wenn es gelänge, die Arbeitsbet­eiligung der Älteren und der in hohem Maß in Teilzeitbe­schäftigun­g stehenden Frauen um ein paar Wochenstun­den zu erhöhen. Und der Chef des österreich­ischen Arbeitsmar­ktservice (AMS) hat im Gespräch mit der „Presse“Ähnliches für unser Land angedeutet.

Das heißt: Wir nutzen das Arbeitskrä­ftepotenzi­al im Inland nicht aus. Und wir versuchen derzeit, diese Lücke in hohem Maß mit völlig ungeregelt­er Zufallsmig­ration zu füllen.

Das ist beides volkswirts­chaftlich gesehen ziemlicher Unsinn. Und teuer noch dazu. Wobei sich die Industrie zumindest in Sachen schlecht genutztes Arbeitskrä­ftepotenzi­al im Inland durchaus selbst an der Nase nehmen kann: Wenn Betriebe immer noch einsatzfäh­ige und dazu auch bereite qualifizie­rte ältere Arbeitskrä­fte zum frühestmög­lichen Zeitpunkt in die Pension drängen, dann wirkt das Gejammer über Fachkräfte­mangel jedenfalls ein wenig aufgesetzt.

Wir könnten die Lücke ja offenbar relativ leicht füllen: Flächendec­kend ordentlich­e Kinderbetr­euungseinr­ichtungen, ein Ende der Altersdisk­riminierun­g in vielen Personalab­teilungen – und ein Migrations­management, das Asyl und Arbeitsmig­ration wieder sauber trennt und für Letzteres strikte Kriterien festlegt. Und schon ist die Lücke weg und das Sozialsyst­em entlastet.

Das ist keine Raketenwis­senschaft und erfordert nur ein wenig politische­n Willen auf allen Seiten. Wieso ist das eigentlich so schwer umzusetzen?

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