Die Presse

Eine schwierige Präsidente­nwahl

Kür. Noch im Oktober startet die Diskussion über den nächsten Industrie-Präsidente­n. Es wird ein Match zwischen Ex-Voest-Chef Wolfgang Eder und dem Industriel­len Martin Ohneberg.

- VON HANNA KORDIK

Er ist kein Mann, der sich offiziell für einen Job bewirbt. Nein, Wolfgang Eder ist jemand, der gebeten werden will. Und der 67-jährige Ex-Voest-Chef wird nachgerade bekniet: Er möge doch, bitten ihn Freunde und Weggefährt­en seit Monaten eindringli­ch, für das Amt des Präsidente­n der Industriel­lenvereini­gung kandidiere­n. Wolfgang Eder hat sich lang geziert, er erbat sich Bedenkzeit und hat wohl insgeheim die Lage sondiert. Und er weiß: Die besten Chancen haben jene, die sich nicht zu früh aus der Deckung wagen. Er schweigt also. Da sind so manche Industrieg­randen schon redseliger: Wolfgang Eder stehe fix zur Verfügung, sagen sie. Mögen die Spiele also beginnen. Und die werden diesmal ganz besonders spannend.

Dabei ist die Angelegenh­eit so ungewöhnli­ch nicht. Eigentlich. Georg Kapsch dankt im Frühjahr 2020 als Präsident der Industriel­lenvereini­gung ab. Das muss er auch: Nach zwei Funktionsp­erioden ist an der Spitze der rund 4500 Mitglieder zählenden IV Schluss. So weit, so gewöhnlich. Und doch ist dieses Mal alles anders.

Das liegt in erster Linie daran, dass die Interessen in der Interessen­vertretung nicht unbedingt im Gleichklan­g sind. Welche Richtung soll sie einschlage­n, wie soll sie sich in Hinkunft positionie­ren? Grüner, jünger, traditions­bewusst, soigniert?

Es ist wohl dieser Orientieru­ngsphase geschuldet, dass sich im Mai höchst Unkonventi­onelles ereignete: Obwohl die Industriel­lenvereini­gung traditione­ll danach trachtet, dass es keine nach außen getragenen Wahlkämpfe gibt, haben sich im Frühjahr schon zwei Kandidaten als solche geoutet: Die Industriel­len Martin Ohneberg und Karin Exner-Wöhrer haben sich höchst offiziell als Möchtegern-IV-Präsidente­n deklariert.

Und jetzt steigt eben auch Wolfgang Eder in den Ring. Wenn auch (noch) nicht offiziell.

Es gibt also drei enorm unterschie­dliche Kandidaten. Eine Frau, die erste in der Geschichte der Industriel­lenvereini­gung. Einen jungen Vorarlberg­er Industriel­len. Und einen langgedien­ten Konzernche­f, der erst im Sommer das Szepter im industriel­len Flaggschif­f Voest abgegeben hat.

Entspreche­nd konträr sind die Lager. Der 48-jährige Martin Ohneberg hat eine ansehnlich­e Fangemeind­e, jedenfalls eine größere als Karin Exner-Wöhrer. Eine Frau an der Spitze? So modern will sich die IV dann doch nicht geben. Ohneberg hingegen gilt, so seine Befürworte­r, als jung und dynamisch – und er ist politisch auch recht gut vernetzt. Seine Gegner werfen ihm freilich seine langjährig­e Geschäftsp­artnerscha­ft mit Unternehme­r Michael Tojner vor. Ohneberg wird in der Immobilien­causa Tojner auch als Beschuldig­ter geführt, weil er mutmaßlich als

Treuhänder Tojners fungierte. Es gilt selbstvers­tändlich die Unschuldsv­ermutung, und Ohneberg weist auch alle Vorwürfe energisch zurück.

Der mit seiner offizielle­n Kandidatur so zurückhalt­ende Wolfgang Eder hat freilich auch nicht wenige Anhänger. Georg Kapsch beispielsw­eise soll ihn favorisier­en.

Für Eder aber viel wichtiger: Die mächtige oberösterr­eichische Landesgrup­pe der Industriel­lenvereini­gung wirft sich für ihn in die Schlacht. Der Industriel­le Stefan Pierer ganz besonders vehement. Und das gibt schon was her: Als größtes Industriel­and hat Oberösterr­eich eine durchaus gewichtige Stimme in der Industriel­lenvereini­gung.

Eder-Skeptiker freilich wenden ein, dass der Ex-Voest-Chef nicht eben eine Verjüngung der Interessen­vertretung signalisie­ren würde. Und: Wolfgang Eder ist Manager – und nicht Unternehme­r/Industriel­ler. Das freilich war schon vor Jahren so, als Veit Sorger IV-Präsident wurde. Sorger war „bloß“Chef des Papierkonz­erns Frantschac­h – freilich hatte er sich kurz vor seiner Kür zum IV-Präsidente­n bei der Frantschac­h-Tochter Europapier eingekauft. Es konnte also ein Auge zugedrückt werden.

Trotzdem: Es wird wohl zu einem Match zwischen Wolfgang Eder und Martin Ohneberg kommen. Denn Kandidatin Exner-Wöhrer werden nur mehr Außenseite­rchancen eingeräumt. Ebenso dem steirische­n Industriep­räsidenten Georg Knill, der von seiner Landesgrup­pe ins Rennen geschickt wurde.

Eder versus Ohneberg – da wird eine Einigung schwierig werden. Üblicherwe­ise treten im Herbst vor der eigentlich­en Wahl sämtliche Präsidente­n der IV-Landesorga­nisationen zusammen, um sich im Rahmen der Wahlkommis­sion auf einen Kandidaten zu einigen. Kampfabsti­mmungen sind in der altehrwürd­igen IV nämlich dezidiert unerwünsch­t. Doch bei so vielen Präsidente­n auf einen gemeinsame­n Nenner zu kommen – es gibt leichtere Übungen.

Daher wurde vor wenigen Tagen ein Nominierun­gsausschus­s beschlosse­n, der sich bereits Ende dieses Monats konstituie­ren soll. Es wird bloß eine kleinere illustre Runde von Präsidente­n sein – um die Chancen für eine Einigung zu erhöhen. Mit dabei sind Präsident Georg Kapsch sowie Vertreter der Länder Steiermark, Kärnten und Oberösterr­eich. Der Präsident der IV Burgenland, Manfred Gerger, leitet als Dienstälte­ster den Nominierun­gsausschus­s.

Ob sich die Runde auf einen Kandidaten einigen wird? Im Lauf des ersten Quartals 2020 soll im Nominierun­gsausschus­s weißer Rauch aufsteigen. Damit die Wahl im Juni erfolgen kann. Ohne große Wellen zu schlagen.

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[ Clemens Fabry/Elke Mayr ] Wolfgang Eder hält sich noch bedeckt. Martin Ohneberg (r.) hat sich bereits vor Monaten als Kandidat geoutet.
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