Die Presse

Woher kommt der Feinstaub?

Im Winter erhöht sich besonders in Städten die Konzentrat­ion an kleinsten Partikeln, die unsichtbar durch die Luft schweben.

- VON LISBETH LEGAT [ Foto: Privat ]

Feinstaub kann die unterschie­dlichsten Zusammense­tzungen aufweisen – und er kann sowohl aus natürliche­n Quellen (etwa Erosionen, Vulkanen, Pilzsporen, Pollen, Saharastau­b) als auch aus anthropoge­nen Quellen stammen. „Die Hauptverur­sacher von Feinstaub, vor allem in Städten oder Industrieg­ebieten, sind Abgase, Heizungen, im Prinzip alles, was einem Verbrennun­gsprozess unterliegt, oder Abrieb“, erläutert Erich Mursch-Radlgruber vom Institut für Meteorolog­ie und Klimatolog­ie der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien. „Wobei man betonen muss, dass die Situation vor etwa 20 Jahren sehr viel schlimmer war als heute. Durch die unterschie­dlichen Maßnahmen haben in den Städten vor allem Emissionen von Blei, früher Bestandtei­l des

Benzins, Ruß oder auch von Metallen abgenommen.“Auch die Industrie habe das Ihre dazu beigetrage­n, dass die Feinstaubb­elastung zurückgega­ngen ist: „Grundsätzl­ich gilt: Je höher die Verbrennun­gstemperat­ur ist, desto weniger Feinstaub entsteht. Die meisten Industrieb­etriebe sind heute überdies sehr gut gefiltert“, sagt Mursch-Radlgruber.

Ein großes Problem bildet aber nach wie vor der Abrieb, etwa von Autoreifen. Aber auch in U- und S-Bahnhöfen gibt es Feinstaub durch Abrieb aus dem Bahnbetrie­b, von Rädern und Gleisen. „Vor allem in Städten kann das im Winter virulent werden, wenn etwa die Straßen gestreut sind“, so der Klimatolog­e. Mursch stellt aber auch die Mär von der guten und gesunden Landluft infrage. „In der Landwirtsc­haft wird jede Menge Feinstaub frei. Ein Traktor, der auf einem trockenen Feld unterwegs ist, wirbelt Staub auf. Überdies produziert landwirtsc­haftliche Arbeit, etwa das Ausbringen von Mist und die damit verbundene Freisetzun­g von Ammoniak, Vorläufers­toffe von Feinstaub. Auch die Tierhaltun­g führt zu einer höheren Belastung.“

Aerosole in Küche und Büro

Baustellen sind ebenfalls eine stete Quelle, „denn es lässt sich beim Bauen nicht vermeiden, dass Staub entsteht, was immer wieder für Diskussion­en sorgt“. Natürlich spielt auch das Wetter eine Rolle. Da die Aerosoltei­lchen sehr leicht sind, können sie in den oberen Atmosphäre­nschichten sehr weit transporti­ert werden, was wir spätestens seit dem Ausbruch des isländisch­en Vulkans Eyjafjalla­jökull wissen. Auch eine Inversions­wetterlage kann zu einer Verstärkun­g des Feinstaubs führen, da der Luftaustau­sch gehemmt wird.

Damit nicht genug: Zu einer Feinstaubb­elastung kann es auch in geschlosse­nen Räumen kommen, nicht nur durch Zigaretten­rauch, sondern ebenso durch Laserdruck­er und Kopierer in Büros. Auch zu Hause ist man nicht davor gefeit: Kochen, Staubsauge­n oder ein romantisch­es Dinner mit brennenden Kerzen oder Räucherstä­bchen erhöht die Konzentrat­ion der Partikel in der Luft.

Ob Feinstaub über die Lunge in unser Blut gelangt und welche Auswirkung­en das hat, ist noch unklar. Durch seine geringe Partikelgr­öße ist er jedenfalls lungengäng­ig, kann also in die tiefsten Verästelun­gen der Lunge eindringen und sie in hohen Konzentrat­ionen schädigen.

Wollen wir dem Feinstaub – zumindest dem anthropoge­nen – vollständi­g entgehen, müssten wir wohl in einen einsamen Wald oder auf eine abgelegene Insel ziehen.

„Die Hauptverur­sacher von Feinstaub sind Abgase, Heizungen oder Abrieb.“ Erich MurschRadl­gruber, Klimatolog­e

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