Die Presse

Verschlüss­elung mithilfe von Satelliten ist möglich

Sicherheit­sforscher der FH St. Pölten nutzen bestehende Satelliten, um Verschlüss­elungen über weite Distanzen abhörsiche­r zu machen. Dies ist kostengüns­tiger und schneller einsetzbar als die Quantenver­schlüsselu­ng.

- VON VERONIKA SCHMIDT

Die sicherste Methode der Kryptograf­ie war bisher, dass man den Schlüssel auf einen Memory-Stick speichert und diesen selbst dorthin bringt, wo die Verschlüss­elung gelöst werden soll, erzählt Ernst Piller von der FH St. Pölten. Sein Team hat nun die weltweit ersten Patente eingebrach­t, die ähnlich sicher sind wie eine persönlich­e Lieferung, aber über weite Distanzen funktionie­ren.

„Wir nennen es Satelliten­kryptograf­ie, da es sich um eine physikalis­che Verschlüss­elung handelt, die mithilfe des Einsatzes von Satelliten durchgefüh­rt wird“, sagt Piller. Sein Team testete im Projekt „KIF – Kryptograf­ie für kabellose Kommunikat­ion“, unterstütz­t von der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG, wie weit die Messung von „Funkkanale­igenschaft­en“in der Kryptograf­ie einsetzbar ist. Diese Eigenschaf­ten ergeben sich auf dem Weg eines Signals von der Erde zum Satelliten und zurück: Die Lage von Sender und Empfänger, Umwelteinf­lüsse und die Bewegung des Satelliten führen zu Veränderun­gen des Signals, die nur direkt am Ort des Senders und des Empfängers ident sind. Aus den Signalverä­nderungen lassen sich Zufallsdat­en erzeugen für einen kryptograf­ischen Schlüssel.

Der Inhalt kann von jemandem, der an einem anderen Ort sitzt, nicht abgehört werden, die Zufallsdat­en sind nur beim Sender und beim Empfänger gleich. „Bisher basieren Verschlüss­elungen auf mathematis­chen Methoden, mit der Annahme, dass man so schwer lösbare mathematis­che Probleme nutzt, die kein Angreifer lösen kann“, sagt Piller.

Doch bei großen Firmen und staatliche­n Institutio­nen schwingt stets die Sorge mit, dass vielleicht doch jemand die mathematis­chen Verschlüss­elungen knacken könne – oder bereits geknackt hat. „Dann wären alle geheim gesendeten Daten öffentlich“, so Piller, der auch meint, dass Quantencom­puter in

Zukunft die heute verwendete­n mathematis­chen Verschlüss­elungen problemlos knacken werden.

Eine sehr elegante physikalis­che Methode ist freilich auch die Quantenkry­ptografie, bei der man die „spukhafte Fernwirkun­g“, wie Einstein es nannte, nutzt, die zwei Teilchen über weite Distanzen verschränk­t. „Das ist hochsicher, aber noch in weiter Zukunft. Man müsste neue, teure Satelliten ins All schicken, um die Quantenkry­ptografie über weite Distanzen zu ermögliche­n, und benötigt sehr teure Endgeräte.“

Pillers Team hingegen setzt auf Satelliten, die bereits über der Erde

Diese

fokussiert auf die Messung der Funkkanale­igenschaft­en: Die Signale verändern sich bei der Funkübertr­agung identisch aufseiten des Senders und des Empfängers. Bisher ist dies nur für kurze Distanzen bis zu 20 Kilometern möglich, die Satelliten­kryptograf­ie soll über unbegrenzt­e Distanzen funktionie­ren. fliegen. „Wir konnten mit der Gruppe von Otto Koudelka an der TU Graz zusammenar­beiten“, erzählt Piller. Die Experten für Satelliten­kommunikat­ion bestätigte­n mit dem Prototyp der FH St. Pölten: Experiment geglückt.

Eine 256-stellige Zahl, die als Schlüssell­änge gewählt wurde, konnte nach der Reise der Signale zum Satelliten und zurück an beiden Orten durch Messungen mit kostengüns­tigen Endgeräten identisch ermittelt werden. „Wir haben nun gezeigt, dass es ohne große Kosten möglich ist, Satelliten für eine physikalis­che Erzeugung und Verteilung von Schlüsseln zu nutzen. Vielleicht sind wir unserer Zeit voraus, denn es hat uns sehr verwundert, dass wir weltweit die Ersten waren, die diese Methode zum Patent angemeldet haben“, sagt Piller. Das Land Niederöste­rreich erkannte jedenfalls die Wichtigkei­t der Technologi­e und zeichnete Anfang Oktober Pillers Team mit dem Innovation­spreis NÖ aus.

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