Zeremonien des Literaturbetriebs
Natürlich stärkt der Deutsche Buchpreis die deutschsprachige Literatur und nicht die „gut verkäuflichen“Titel, wie sie Hartlieb nennt. Diese finden auch ohne die Zeremonien des Literaturbetriebs ihr Publikum. Aber wenn wie im Jahr zuvor Inger-Maria Mahlkes besonderer Roman „Archipel“jene Aufmerksamkeit bekommt, die das Interesse einer breiten Öffentlichkeit weckt, das der Roman andernfalls nie auf sich gezogen hätte, dann hat der Preis eine wichtige Aufgabe erfüllt.
Eigentlich sitzen Buchhändler und Literaturkritiker im selben Boot. Beide verwenden viel Kraft darauf, dem geschriebenen Wort zum Durchbruch zu verhelfen. Hartlieb aber unterscheidet zwischen den Kritikern, die das Schwierige bevorzugen, und den Buchhändlern, die einen Roman suchen, „der hoffentlich in großen Mengen über den Ladentisch geht“und „für viele Leute lesbar sein“soll. So sieht die Hartlieb’sche Formel der literarischen Gemeinnützigkeit aus.
Welche Art von Literatur ihr am Herzen liegt – selten ist das Wort „Herz“besser angebracht als in diesem Fall –, lässt sich nach Lektüre ihres Artikels abschätzen. Dieser gibt die reine Befindlichkeit wieder, auf der langen Strecke des Erfahrungsberichts keine Spur von Reflexion. Nach der Abschaffung von Kritik wird das Reden über Literatur zur Gschaftlhuberei, und Petra Hartlieb ist die Jeanne d’Arc einer neuen Unbekümmertheit. Sie findet, dass „die unterschiedlichen Geschmäcker“(schrecklicher Ausdruck) der einzelnen Jurymitglieder für die irritierende Vielfalt der Romane verantwortlich sind. Muss man jetzt noch hinzufügen, dass ihr Text selbst von Sorglosigkeit im Umgang mit Sprache gezeichnet ist?
Alle Geschichten, die sie im Eiltempo gelesen hat, „verweben sich zu einem Brei“(!), auf dem dann auch „DDR-Historie, Zweiter Weltkrieg oder vertrackte Beziehungen obenauf schwimmen“