Promiskuitives Verwirrspiel
Bei Hafis dagegen dominieren die Selbstliebe der Liebe und deren promiskuitives Verwirrspiel, zwischen homoerotischer Knaben- oder Männerliebe und heterosexueller Ekstase angesiedelt. Bemerkenswerterweise hat Hammer, Kind des Josephinismus, diese erotischen Irritationen im Werk des persischen Dichters betont und die Ähnlichkeit mit der erotischen Lyrik der Spätantike hervorgehoben.
Wie viel „Orientalismus“steckt nun in Hammers Übersetzung und in Goethes Dichtung? Bei Goethe steht viel eher ein Spiel im Vordergrund, das eine ironische Reflexion eben des eigenen Umgangs mit dem Fremden enthält. Aber Ironie ist der Imagologie unserer Tage ebenso fremd wie Saids berühmter Studie.
Letztgenannte geht einmal näher auf Goethes „Divan“ein. Said vertritt die triftige These, wonach es Goethe darum geht, den Orient als einen Ursprung anzusehen, zu dem die Dichtung exemplarisch und romantisch zurückkehrt, um sich zu erneuern.
Mit dem landläufigen, zumeist negativ belegten (post)kolonialen Orientalismus hat das indes wenig zu tun. Goethes ausführlicher Kommentar im Werk zeigt, dass er sich seiner Rolle als Kulturtransporteur durchaus bewusst ist. Mit der Allegorie des zweiteiligen Ginkgoblattes entwirft er ein Modell, in dem Fremdes und Eigenes komplementär positioniert werden; mit seiner Verkleidung und Maskerade im „Buch Suleika“setzt er ein doppeltes Spiel in Gang, ein Spiel der Geschlechter wie der Kulturen.
Damit etabliert er nicht nur einen provisorischen, stets gefährdeten dritten Raum der Begegnung, sondern skizziert auch eine dritte Strategie, die auf das zusteuert, wessen kulturelles Miteinander bedarf: Anerkennung. Daraus entsteht Neues, denn bei allen orientalischen Anleihen ist Goethes Werk kompositorisch, formal und auch von seinen Sujets her ein völlig unabhängiges Werk.
Dem Orientalismus entkommen wir aber auch deshalb nicht, weil es hinter den Selbst und Fremdbildern nicht die