Die Presse

Amundsens Schiff

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Der Ex-Journalist führt mich durch die zentrale Prachtstra­ße Karl Johans Gate. Beim Parlament zeigt er auf eine Bank: „Hier hat der Kommunikat­ionschef dieser Bank 2014 verkündet, mit Bargeld gehört Schluss gemacht.“Færden will mir das „Schönste“von Oslo zeigen, denn „abgesehen vom Cash“sei Norwegen ein tolles Land. Bald stehen wir am Fuß des Hügels mit dem Königsschl­oss. „Wieviele Bankomaten haben Sie gesehen?“Ich darauf: „Einen.“Færden sagt, das ist Absicht. Man komme nur noch schwer an Bargeld, wenn überhaupt, dann nur an 200 Euro am Tag, was in Norwegen nichts ist, „und ich muss jedes Mal Geld zahlen, um mein Geld zu bekommen“. Als Færden einen alten Parkautoma­ten sieht, ruft er begeistert: „Der nimmt noch Münzen!“Wir treten näher, außer Betrieb. Der Walk of Cash wird lang, raus auf die Museumsins­el Holmen, einmal zeigt mir Færden in der Ferne einen riesigen Holzversch­lag: „Dort liegt das Schiff von Amundsen.“

Zusammenfa­ssend kann ich sagen, dass Barzahler besser dran sind als in Schweden. Wir gelten zwar als Sonderling­e, aber fast überall könnten wir theoretisc­h in bar zahlen. Die Rezeptioni­stin eines Grandhotel­s erklärt uns, dass wir in diesem Fall mit der Registrier­ung unseres Autokennze­ichens rechnen müssen; barzahlend­e Rockstars haben einmal eine Suite demoliert.

Ein eigenes Kapitel sind die Bettler. Das sind an diesem Nachmittag Roma aus Rumänien. Im Normalfall fände ich sie lästig, hier erfreut mich schon die erste Bettlerin mit ihrer ausgestrec­kten Hand, und der Rumäne vor dem Parlament lässt gar Münzen in einem Becher scheppern. Was für ein Wohlklang! Wenn schon nicht Færdens Bewegung

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