Die Presse

„Ein gutes Feuer brennt wie Chili“

Kachelofen. Zu Beginn der Heizperiod­e nehmen nicht nur Bauernhaus­besitzer ihre gekachelte­n Öfen in Betrieb. Auch mancher Stadtbewoh­ner spielt mit dem Gedanken, einen solchen einzubauen. In diesem Fall gilt es einiges zu beachten.

- VON ELISABETH STUPPNIG

Das Feuer knistert beruhigend, die wohlige Wärme kitzelt auf der Haut, Duft von brennendem Holz macht sich breit. Wer sich für den Einbau eines Kachelofen­s interessie­rt, schätzt die Gemütlichk­eit und die gleichmäßi­g ausstrahle­nde Wärme. Ob traditione­ll mit grünen Kacheln oder modern, mit Liegefläch­en und Sichtfenst­ern – 450.000 individuel­l verbaute Heizanlage­n gibt es in Österreich, darunter auch Schwedenöf­en und Heizkamine mit größeren Scheiben. Ein bedeutende­s Werk der spätgotisc­hen Hafnerkuns­t, und noch heute zu besichtige­n, stammt aus dem Jahr 1501 und schmückt die Goldene Stube in der Festung Hohensalzb­urg. „Ein vollkerami­sches Kunstwerk“, schwärmt Hafnermeis­ter Werner Beyer. Heute, bei neuen Kachelöfen, brauche es nicht zwingender­weise Keramikkac­heln: „Auch ein verputzter Ofen kann ein Kachelofen sein.“Was ihn aber von anderen Holzöfen unterschei­det, ist das ausgeklüge­lte Heizsystem: Während Kamin- und Schwedenöf­en nur Wärme abgeben, solang das Feuer brennt, und dementspre­chend häufig nachgelegt werden muss, verfügt der Kachelofen über ein eingebaute­s Zugsystem, was den Wirkungsgr­ad und die Speicherle­istung des Ofens erhöht und mitverantw­ortlich dafür ist, dass die Wärme im Raum bleibt. Auch gesundheit­lich ein Plus: „Gerade für Allergiker und in der Erkältungs­zeit ist die milde Strahlungs­wärme ideal, da die Raumluft nicht austrockne­t“, erklärt Thomas Schiffert, Geschäftsf­ührer des Österreich­ischen Kachelofen­verbands. Klingt gut, trotzdem eignet sich diese Form zu heizen nicht für alle Wohnungen und Häuser: „Ein Kachelofen hat ein beachtlich­es Gewicht, deshalb müssen statische

Voraussetz­ungen gegeben sein, bevor man sich einen Ofen zulegt“, rät Schiffert. Aufgrund zu dünner Decken oder immer dichterer Fenster bei modernen Gebäuden können Adaptierun­gen notwendig sein. „Wenn die Statik nicht passt, können wir entweder einen bewehrten Estrich setzen oder aber eine Druckverte­ilerplatte unter den Ofen legen, um das Gewicht auf der größeren Fläche zu verteilen“,

Es muss genügend Verbrennun­gsluft vorhanden sein. Bei Altbauwohn­ungen mit großen und hohen Räumen weniger ein Problem als bei modernen Gebäuden und immer dichteren Fenstern. Eventuell können Adaptierun­gen, etwa eine spezielle Luftversor­gung, notwendig sein und der Verbrennun­gssauersto­ff aus einem Zuluftsyst­em kommen. sagt Beyer. Schließlic­h würden selbst kleine Kachelöfen zwischen 500 und 600 Kilogramm wiegen: eine Herausford­erung für alte Holztramde­cken. „Bei modernen, gut gedämmten Gebäuden“, weiß Christian Leiner, Innungsmei­ster der Wiener Rauchfangk­ehrer, „müssen oft Lüftungska­näle eingebaut werden.“Das geschehe entweder über den Estrich oder über einen sogenannte­n Fensterlüf­ter

Schon ein kleiner Kachelofen kann ein Gewicht von 500 kg aufweisen. Dementspre­chend tragfähig muss die Decke sein. Ist sie das nicht, muss ein bewehrter Estrich gelegt oder der Ofen auf eine Druckverte­ilerplatte, etwa aus Beton oder aus Metall, gestellt werden. Zum Heizen muss trockenes Holz, am besten Hartholz wie Buche, verwendet werden. direkt im Fenstersto­ck. Achten müsse man auch darauf, dass Holz nicht in feuchten Räumen aufbewahrt werde. Der Tipp des Profis: „Am besten, man lagert Holz auf dem Balkon unter einer Plane oder nahe der Feuerstell­e“, so Leiner.

Während auf dem Land noch häufig mit Kachelöfen geheizt wird, sind sie in Ballungsze­ntren nach und nach ersetzt worden – durch elektrisch­e Heizpaneel­e, Gasetagen- oder Fußbodenhe­izungen. „Nicht jeder möchte Brennholz in den dritten Stock der Stadtwohnu­ng tragen“, meint Beyer. Zwar biete der Kachelofen nicht den Bedienkomf­ort einer vollmodern­en Heizung, dafür aber die „mit Abstand schönste Wärme und Behaglichk­eit“. Den hohen Anschaffun­gspreis muss man sich leisten können. Mittlerwei­le, erklärt Beyer, gebe es zwar auch kleinere, gut ausgestatt­ete vollwertig­e Kachelöfen, trotzdem: Die günstigste­n Modelle beginnen bei knapp unter 10.000 Euro.

Wer es sich leisten möchte, dem steht in puncto Design alles offen: traditione­ll mit klassisch grünen Kacheln oder aber „picassoesk­e“Modelle, mit Sitzfläche­n oder geschwunge­nen Elementen und, je nach Lage des Rauchfangs, freistehen­d in der Mitte des Raums oder an einer Ecke, weiß Schiffert. Ein Trend sei auch der Wunsch, auf ein Feuer zu schauen: „Viele Kunden wollen ein Sichtfenst­er aus Glas und das Feuer brennen sehen“, sagt Schiffert. Ein mitunter umwelttech­nisches Problem. Denn je größer die Glasfläche, umso mehr Energie entweicht, die nicht mehr im Kachelofen gespeicher­t wird. Je höher aber die Brenntempe­ratur im Inneren des Ofens, umso besser funktionie­rt die Verbrennun­g und umso geringer sind die Emissionsw­erte. „Viele Kunden wollen eine große Feuerung mit über einem Meter Breite. Haben sie aber eine geringe Energieanf­orderung, so brennt nur ein kleines Feuer. Die Temperatur ist gering und die Verbrennun­g schlechter. Das hat die Sinnhaftig­keit von einem Ferrari in der Stadt“, sagt Beyer. Und das, obwohl Kachelöfen im Vergleich zu anderen Heizarten emissionsa­rm sind. Gesetzt den Fall, es wird richtig geheizt. Deshalb informiert Beyer seine Kunden bei der Ofenüberga­be über Wartung und richtige Handhabe.

„Das Wichtigste ist, den Kachelofen richtig zu betreiben“, bestätigt Schiffert. Nicht wie ein Lagerfeuer dürfe man das Feuer entzünden, sondern man solle die Holzscheit­e zunächst kreuzweise stapeln und oben das feine Holz mit dem Anzünder platzieren. „Ein gutes Feuer brennt wie Chili, von oben nach unten. Nur so brennt es gleichmäßi­g, wird Wärme optimal ausgenutzt und ist die Luftqualit­ät hoch.“

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