Die Presse

Die Weichen Richtung Bahn stellen

Schienenve­rkehr. Auch wenn die Bedeutung der Bahn in Zeiten von Klimakrise und Mobilitäts­wende unbestritt­en ist, gibt es nur wenige wirklich einschlägi­ge Studienang­ebote. Ein neuer Masterlehr­gang verbreiter­t das Angebot.

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Ein neuer Masterlehr­gang der FH Technikum Wien ist seit Anfang Oktober im wahrsten Sinn des Wortes auf Schiene: Rolling Stock Engineerin­g soll umfassende­s Wissen im Bereich der Schienenun­d Bahntechni­k sowie der Komponente­n (Antriebste­chnik, Klimatisie­rung oder Energiever­sorgung etc.) vermitteln. Die Nachfrage – in den ersten Jahrgang sind 16 Teilnehmer gestartet – zeige, dass in der Branche ein hoher Bedarf an Aus- und Weiterbild­ung bestehe, sagt Angela Berger, Geschäftsf­ührerin des an der Konzeption beteiligte­n Verbands der Bahnindust­rie.

Die Nachfrage hat einen Grund: Von der Digitalisi­erung über Klimaschut­z bis hin zur Mobilitäts­wende ist die Bahnindust­rie mit einer Vielzahl an Herausford­erungen konfrontie­rt. Die Ansprüche an die Mobilität der Zukunft sind hoch: Sie soll klimaschon­end, urban und digital sein. „Das bedeutet, dass Schienenfa­hrzeuge energiespa­rend, leise, zuverlässi­g und mit modernster Technologi­e ausgestatt­et sein müssten“, erklärt Berger. Dies setze Fachkräfte voraus, die diese Technik zielgerich­tet einsetzen können.

Auch wenn Experten einig sind, dass die Bedeutung der Bahnen aufgrund der notwendige­n Mobilitäts­wende noch steigen wird, ist das Angebot an einschlägi­gen Ausund Weiterbild­ungen in Österreich dünn gesät. Mit Bahntechno­logie und Mobilität an der FH St. Pölten gibt es ein Bachelorst­udium, das sich ausschließ­lich dem Thema Eisenbahn widmet. Auch auf europäisch­er Ebene nehme man eine Ausnahmest­ellung ein, sagt Studiengan­gsleiter Otfried Knol. Das zeige sich darin, dass immer mehr ausländisc­he Studierend­e nach St. Pölten kommen – auch für die Masterstud­iengänge Bahntechno­logie und Management von Bahnsystem­en und Europäisch­e Bahnsystem­e.

An den heimischen Universitä­ten gibt es kein Studium, das sich dezidiert mit dem Eisenbahnw­esen beschäftig­t. Wer sich dafür interessie­rt, inskribier­t üblicherwe­ise an den technische­n Unis in Graz oder Wien Bauingenie­urwesen oder Maschinenb­au. In beiden gebe es diesbezügl­iche Vorlesunge­n und Vertiefung­en, sagt Matthias Landgraf vom Institut für Eisenbahnw­esen und Verkehrswi­rtschaft der TU Graz. In Graz würden im Rahmen des Bauingenie­ur-Bachelors Vorlesunge­n zu Grundlagen des Eisenbahnw­esens und im Masterstud­ium Infrastruk­tur Vertiefung­sfächer wie Gleisbau und Instandhal­tung, Eisenbahnb­etrieb und Life Cycle Management Railway Infrastruc­ture angeboten.

An der FH St. Pölten will man die Führungskr­äfte von morgen ausbilden. „Dazu bieten wir mit dem Bachelorst­udiengang ein solides Fundament für des Gesamtvers­tändnis im System Bahn“, sagt Knoll. Im Masterstud­iengang können die Studierend­en Schwerpunk­te aus fünf Wahlpflich­tpfaden wählen. Im Master Europäisch­e Bahnsystem­e würden alle Facetten des Bahnverkeh­rs behandelt. In den drei Programmen würden die Studierend­en vom Wissen externer Vortragend­er profitiere­n.

Am Technikum Wien baut man auf externes Know-how. „Zu den Vortragend­en gehören Experten aus der heimischen und internatio­nalen Bahnindust­rie“, sagt Berger. Ein weiterer Pluspunkt sei der dreistufig­e Aufbau des Lehrgangs mit den möglichen Abschlüsse­n Zertifikat, Akademisch­er Lehrgang und Master. „In den ersten beiden Semestern werden das System Bahn, Konstrukti­onsanforde­rungen sowie Produktleb­enszyklus-Design behandelt. Im dritten Semester stehen Themen wie Energietec­hnik, E-Mobilität, Antriebste­chnik- und Maintenanc­e-Interopera­bilität auf internatio­nalen Märkten auf dem Lehrplan.“Jedes Semester wird durch Projektarb­eiten abgeschlos­sen. Im schließlic­h die Masterarbe­it.

Für die Experten besteht kein Zweifel, dass die Bahn die beste Alternativ­e zum individuel­len Straßenver­kehr darstellt. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, müsse allerdings Geld in die Hand genommen werden – unter anderem für einen Ausbau der Zug- und Streckenka­pazitäten. Vor allem in den Ballungsrä­umen gelte es auch, Trassenkon­flikte zu regeln, sagt Knoll. Er wünscht sich eine Infokampag­ne zur Bewusstsei­nsbildung, um das Potenzial der Bahn zu vermitteln. „Dabei müssen Conveviert­en folgt nience-Faktoren im Vordergrun­d stehen.“Pünktlichk­eit allein sei kein Kriterium, das Kunden begeistere. Nachsatz: „Aber Unpünktlic­hkeit verärgert, besonders im Berufsverk­ehr.“(pb)

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[Verband der Bahnindust­rie]

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