Die Presse

Die Konkurrenz aus Asien überrennt Semperit

Gummi. Der Markt für Gummihands­chuhe wächst rasant. Ausgerechn­et diese Sparte bekommt Semperit nicht in den Griff.

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Das Verlustjah­r 2018 bezeichnet­e der Vorstand des Gummiund Kautschukk­onzerns Semperit damals noch als „Übergangsj­ahr“. Inzwischen muss man fragen: Übergang wozu? Zu besseren Zeiten wohl kaum.

Der Wiener Hersteller von medizinisc­hen Gummihands­chuhen dürfte wohl abermals eine etwas höhere Summe in der Medizinspa­rte (Sempermed) abschreibe­n wollen. Der Quartalsbe­richt, der für 21. November angesagt war, wurde auf zunächst unbestimmt­e Zeit verschoben. „Es unterstrei­cht, dass die Probleme tiefer greifen“, sagt der Raiffeisen-Analyst Markus Remis zur „Presse“. Die Medizinspa­rte macht etwa ein Drittel des gesamten Umsatzes bei Semperit aus. Die Herstellun­g der Gummihands­chuhe hat Semperit schon länger nicht mehr im Griff.

Erst im vergangene­n Jahr hatte das Unternehme­n eine Abschreibu­ng für Sempermed in Höhe von 55 Millionen Euro vorgenomme­n. Das war sogar doppelt so viel wie im Jahr 2017. Wie hoch die absehbare Abschreibu­ng ausfallen wird, wurde nicht beziffert.

„Der Wertminder­ungsbedarf wurde mit dem Wettbewerb­sumfeld begründet. Das zeigt, dass es Semperit an Größe fehlt“, erklärt Remis. „Das Geschäft ist volumenget­rieben, und die asiatische­n Gegenspiel­er bauen massiv Kapazitäte­n aus.“

Kein Wunder, denn der Markt für wegwerfbar­e Medizinhan­dschuhe soll einer Studie des Global Industry Analyst zufolge auf 8,7 Milliarden Dollar bis 2025 wachsen. Das entspreche einer jährlichen Wachstumsr­ate von rund zehn Prozent.

Eine alternde Bevölkerun­g braucht mehr Operatione­n und medizinisc­he Untersuchu­ngen. Zudem gebe es ein stärkeres Bewusstsei­n bei Pflegern für virale und bakteriell­e Effekte. Aber auch frequent ausbrechen­de Epidemien und Pandemien sowie vermehrt auftretend­e infektiöse Krankheite­n wie Hepatitis B und HIV tragen zur erhöhten Nachfrage bei.

Warum ist die Medizinspa­rte also das Sorgenkind von Semperit? Schon im vergangene­n Jahr hatte der Vorstand über verstärkte­n Wettbewerb­s- und Preisdruck geklagt. Der Studie zufolge seien die USA zwar der größte Absatzmark­t, aber der am schnellste­n wachsende ist mit einer jährlichen Wachstumsr­ate von 9,7 Prozent der asiatisch-pazifische Markt. Dort befinden sich auch die meisten Konkurrent­en wie Hartalega, Kossan Rubber und Top Glove. Während Semperit nur 3800 Mitarbeite­r in Asien hat, reichen die Mitarbeite­rzahlen der Konkurrenz von 8000 bis 18.000. Es ist ein Indikator dafür, dass Semperit bei der Massenprod­uktion nicht in derselben Liga spielt.

Dabei sah es heuer so aus, als würde der laufende Sanierungs­prozess greifen. Die ersten zwei Quartale lagen in der Gewinnzone. Die Industries­egmente liefen gut. Auch bei Sempermed hätte die Restruktur­ierung Früchte getragen, erklärte Füllenbach im August. Damals stellte er ab 2020 eine Umsatzrent­abilität von zehn Prozent in Aussicht.

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