Die Presse

Dodons prorussisc­hes Expertenka­binett

Republik Moldau. In der im Rekordtemp­o gebildeten neuen Regierung dominieren klar die Sozialiste­n.

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Normalerwe­ise ist man von der schmalen, krisengesc­hüttelten Republik Moldau gewohnt, dass eine Regierungs­bildung mehrere Wochen in Anspruch nimmt und nur unter größter Kraftanstr­engung möglich ist. Nach der Parlaments­wahl im Februar dauerte es bis Juni, bis Premiermin­isterin Maia Sandu ihr Kabinett präsentier­en konnte. Die fragile Koalition aus prorussisc­hen und prowestlic­hen Kräften wurde durch ein Misstrauen­svotum am Dienstag gestürzt.

Umso erstaunlic­her, wie schnell sich nun eine neue Mannschaft fand. Keine zwei Tage nach der Parlaments­abstimmung präsentier­te der neue Premier Ion Chicu (47) in Chisin¸au˘ die Mitglieder der neuen Regierung. Möglich macht das eine Kooperatio­n der stimmenstä­rksten Partei, der Sozialiste­n, mit ihrem bisherigen Opponenten, den Demokraten. Aber politische Freundscha­ft und Feindschaf­t wechseln in der Moldau so schnell wie das Wetter. Die Sozialiste­n scheinen ganz froh, ihren prinzipien­treuen Koalitions­partner los zu sein. Zumal sie mithilfe der Demokratis­chen Partei nun den Premier stellen können.

Kommentato­ren in Chisin¸au˘ haben das neue Kabinett als „Marionette­nkabinett“des prorussisc­he Präsidente­n Igor Dodon bezeichnet, einen Vorwurf, den Chicu abstreitet. Das neue Kabinett bestehe vorwiegend aus Experten. Ein genauer Blick hilft bei der Beurteilun­g: Chicu war bisher Dodons Justiz-Berater. Die meisten Agenden (Verteidigu­ng, Äußeres, Justiz, Soziales, Bildung) wurden mit Ex-Beratern Dodons besetzt.

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