Die Presse

Anzeige wird nicht mehr sofort bekannt gegeben

Justiz. Minister Jabloner legt neue Regeln fest. Die Staatsanwa­ltschaft soll wichtige Vorgaben von oben stets per Weisung erhalten. Und Anzeigen werden erst publik, wenn es eine erste Entscheidu­ng darüber gibt.

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Justizmini­ster Clemens Jabloner präsentier­te am Freitag seinen Wahrnehmun­gsbericht. Er kündigte darin einige Änderungen im Justizbere­ich an. Und er schilderte, vor welchen Herausford­erungen die Justiz momentan steht.

Staatsanwa­ltschaften sollen Medien künftig nicht mehr bestätigen dürfen, dass eine bestimmte Anzeige eingelangt ist. Erst wenn die Anklagebeh­örde weiß, wie sie mit der Anzeige umgehen will (ein Ermittlung­sverfahren wird eingeleite­t oder nicht), soll das die Öffentlich­keit erfahren können. Es gehe ihm dabei darum, Personen vor einem „sehr bedeutende­n Grundrecht­seingriff“zu bewahren, erklärte Jabloner bei der Vorstellun­g des Berichts. Und sobald entschiede­n sei, ob es zu einem Ermittlung­sverfahren komme oder nicht, werde diese Entscheidu­ng ohnedies transparen­t gemacht.

In der Vergangenh­eit wurden gerade anonyme Anzeigen gern instrument­alisiert, da die Staatsanwa­ltschaft dann deren Einlangen öffentlich bestätigen musste. Was insbesonde­re in Boulevardm­edien unangenehm­e Berichte für den Beschuldig­ten („Es gibt schon eine Anzeige!“) zur Folge hatte, ohne, dass die Vorwürfe noch von der Justiz überprüft werden konnten. Auch in politische­n Konfrontat­ionen wurden Anzeigen gern genutzt.

Weiter erlaubt bleibt es, selbst öffentlich zu erklären, dass man jemanden angezeigt habe.

Klarstelle­n will Jabloner auch, dass inhaltlich­e Änderungen an Vorhaben der Staatsanwa­ltschaft nur noch in Weisungsfo­rm erfolgen sollen. Bisher konnten kleinere Änderungen (Streichung­en oder Hinzufügun­gen bei der Begründung) auch durch „Maßgaben“von der Oberbehörd­e angeordnet werden. Für die künftig nötigen Weisungen gelten strengere formale Regeln, und es herrscht mehr Transparen­z.

Hält die Oberinstan­z es für nötig, neue Beweismitt­el zu beschaffen oder Ermittlung­en einzuleite­n, handle es sich auch um einen Weisungsfa­ll, stellt Jabloner klar. Will die Oberinstan­z die Begründung für die Einstellun­g eines Verfahrens ändern, müsse sie ebenfalls eine Weisung erteilen.

Zuletzt waren Konflikte der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft mit der über ihr stehenden Oberstaats­anwaltscha­ft und dem an der Spitze der Weisungske­tte stehenden Justizmini­sterium publik geworden. Dabei war es um die Frage gegangen, inwiefern abseits von Weisungen (in Dienstbesp­rechungen) Vorgaben gemacht werden dürfen.

Dienstbesp­rechungen der Anklagebeh­örden soll es weiter geben, aber in klar strukturie­rter Form. Ein Protokoll darüber ist umgehend zu verfassen. Verweigert ein Teilnehmer die Unterschri­ft, so muss er dies begründen.

Die meisten dieser Änderungen kann der Minister per Erlass (also ohne Parlament) umsetzen.

Jabloner selbst kokettiert­e am Freitag damit, dass er selbst immer nachlesen müsse, wie sein Ministeriu­m heiße. Nämlich „Bundesmini­sterium für Verfassung, Reformen, Deregulier­ung und Justiz“, wie Jabloner nach einem Blick auf seine Unterlagen fehlerfrei sagte. Der Minister lässt aber durchblick­en, dass er es für klüger hielte, die Verfassung­sagenden wieder beim Kanzleramt anzusiedel­n.

Denn es sei „kaum eine andere Funktion so mit den Aufgaben des Bundeskanz­leramts verbunden wie der Verfassung­sdienst“, schreibt Jabloner in seinem Bericht. Und verfassung­srechtlich­e Reformen (etwa die Kompetenzv­erteilung zwischen Bund und Ländern) seien nur aussichtsr­eich, „wenn sie von der besonderen Autorität der Bundeskanz­lerin oder des Bundeskanz­lers getragen werden“.

Sebastian Kurz hatte 2017 die Verfassung­sagenden an das Justizmini­sterium und den damaligen Minister, Josef Moser, ausgelager­t.

Einmal mehr verdeutlic­hte Jabloner die prekäre budgetäre Situation der Justiz. Die Leistungsf­ähigkeit der Gerichte sei durch den Verlust von 300 Planstelle­n in den vergangene­n fünf Jahren bereits „schwer beeinträch­tigt“, warnte Jabloner. Die nächste Regierung müsse hier eine Lösung finden.

Für das kommende Jahr sei ein Mehrbedarf von 90,6 Millionen Euro gegeben, um den (für ihn bereits nicht befriedige­nden) Status quo aufrechter­halten zu können. Und wenn es selbst dazu nicht kommt? „Dann steht irgendwann der Betrieb“, erklärte Jabloner.

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