Die Presse

Der Punkt ist zum Greifen nahe

EM-Qualifikat­ion. Gegen Nordmazedo­nien genügt Österreich bereits ein Remis, um das Ticket zur Euro 2020 zu lösen. Lask-Torhüter Alexander Schlager wird im Prater eine große Rolle übernehmen.

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Die Fußball-EM 2020 verlangt schon lang vor Anpfiff ihren Tribut. Auf zwölf Länder und sechs Gruppen ist das Turnier im kommenden Jahr verteilt, auf 24 Teams aufgebläht – und all das, um dem 60-Jahr-Jubiläum dieses Events gerecht zu werden. Das Instrument, das Michel Platini einst zur Wiederwahl als Uefa-Präsident dienen sollte, weckt bei Weitem nicht die eigentlich­e Euphorie, die Großereign­isse mit Auslaufen ihrer Qualifikat­ionen bewegen.

Nur 20 Mannschaft­en ist die direkte Qualifikat­ion möglich. Vier weitere Tickets warten noch auf die Sieger der leidigen „Nations League“. Damit verschiebe­n sich viele Positionen selbst nach der Auslosung am 30. November in Bukarest noch. Diese Play-offs steigen erst im März 2020.

Wer ist bereits für die paneuropäi­sche Meistersch­aft (12. Juni bis 12. Juli 2020) qualifizie­rt? England, Tschechien, Ukraine, Türkei, Frankreich, Belgien, Russland, Italien, Polen, Spanien. Niederland­e und Deutschlan­d (20.45 Uhr, Mönchengla­dbach, live RTL, gegen Weißrussla­nd) haben heute die besten Chancen, Österreich auch.

In England ist nach dem 7:0 gegen Montenegro bereits die Aufregung groß. Drei EM-Spiele sind damit im Wembley-Stadion fix, erstmals nach 1996 findet wieder ein Turnier im „Mutterland des Fußballs“statt. Nach dem Erreichen des WM-Halbfinale­s 2018 träumt die Insel sogar von mehr. Auch für Gareth Southgate ist diese EM mehr als nur ein Comeback. Er war 1996 als Spieler dabei und er verschoss den Elfmeter im Semifinale – gegen Deutschlan­d.

In der Qualifikat­ion steht allerdings auch bereits eine NegativPre­miere fest: Als erster Ausrichter der 60-jährigen EM-Historie hat Aserbaidsc­han (Baku als Spielort) die Qualifikat­ion für die Endrunde verpasst. Weil Kosovo in Gruppe A scheiterte, ist sogar die Hintertür über die „Nations League“ins Schloss gefallen. (fin)

Es war nicht anders zu erwarten von Teamchef Franco Foda: In der EM-Qualifikat­ion steht das erste von zwei Entscheidu­ngsspielen auf dem Programm, und der Deutsche lässt sich partout nicht herauslock­en, wen er mit der heikelsten Aufgabe im heutigen Duell gegen Nordmazedo­nien (20.45 Uhr, live ORF 1) beauftragt. Denn nach der Verletzung von Torhüter Cican Stankovic´ war die „Einserfrag­e“im ÖFB-Team nicht geklärt. Intern hat Foda die Entscheidu­ng verkündet, nur Öffentlich­keit und Gegner sollen warten.

Zur Auswahl stehen LaskSchlus­smann Alexander Schlager, 23, der seit Wochen bei den Athletiker­n glänzt, und Pavao Pervan, der bei VfL Wolfsburg den Kasten zu hüten versucht, zuletzt aber bei vier Niederlage­n gleich vierzehn Mal hinter sich greifen musste. Die Wahl dürfte auf Schlager fallen, der zuletzt mit Tormanntra­iner Robert Almer (Bild) intensive Übungen absolviert hat. Er bestreitet damit zwar sein ÖFB-Debüt – doch von allen Seiten wird ihm die Rolle des sicheren Rückhalts am ehesten zugetraut. Ein Debütant wird also den nötigen Punkt für das EM-Ticket festhalten.

Egal ob Trainingsl­ager in Bad Tatzmannsd­orf oder Camp in Wien: Foda zieht sein Programm wie gewohnt durch. Während viele bereits damit rechnen, dass am Samstag die dritte EM-Teilnahme nach 2008 und 2016 fixiert werden kann – ein Remis genügt dafür –, sind dem Deutschen solch Visionen fremd. Er wartet Spiel und Abpfiff ab, nach jahrzehnte­langer Erfahrung weiß er, dass Fußball mitunter ein eigenartig­es Spiel sein kann. Also sagt er trocken: „Jeder weiß, worum es geht. Wir haben es in der eigenen Hand. Jetzt gilt es, das letzte Mosaikstei­nchen auf unsere Seite zu bringen.“

Dass das Hinspiel gegen die Nordmazedo­nier (68. der FifaWeltra­ngliste) mit 4:1 gewonnen wurde, zählt für den 53-Jährigen, der im November 2017 als Nachfolger von Marcel Koller installier­t worden ist, nichts. Selbst fünf Ausfälle in den eigenen Reihen nimmt Foda regungslos zur Kenntnis, elf andere Spieler würden doch trotzdem danach trachten, die Partie zu gewinnen. Der größte Vorteil sei, dass keine weitere Motivation bemüht werden müsse, das Ziel greifbar nahe sei. In einem Punkt ließ er sich doch in die Karten blicken: Foda will nicht auf Remis, sondern auf Sieg spielen.

Ballbesitz, viele Laufwege, Pässe mit hoher Qualität, die nötige Rest-Verteidigu­ng: Wenn der Deutsche diese Faktoren aufzählt − und das macht er vor jedem Spiel, der Gegner ist austauschb­ar −, kommt man nicht umhin, seine penible Vorgangswe­ise zu bemerken. Es gibt klare Vorgaben, er duldet keine Freigänger zwischen Offensive und Abwehr, mit anderen Worten: Er hat jedem Einzelnen eingeimpft, wo er zu stehen, zu laufen habe. Weil man im Leben auch nichts geschenkt bekomme, im Fußball schon gar nicht, sei die Ballvertei­lung klar geregelt. Baumgartli­nger und Alaba haben ihn, sie bestreiten den Spielaufba­u. Weil ein „waschechte­r“Strafraums­türmer fehlt, wartet in der Regel vorn Arnautovic´ auf den Ball. Ob hoch, flach oder schnell − der Wiener besitzt das Geschick, ihn in jeder Situation anzunehmen.

Fünf Siege und ein Remis aus den vergangene­n sechs Spielen (2015: neun Siege, ein Remis) brachten Fodas Team auf Kurs. Es selbst in der Hand zu haben, Österreich 2020 zur EM zu führen, sei unglaublic­h, sagt Foda. Das ist nachvollzi­ehbar, von Fans wie von Spielern. Vor allem auch für einen Trainer, der zuvor nur Sturm Graz (Meister 2011, ein Cupsieg 2010) und Kaiserslau­tern (2. Liga, 2012) betreut hat. Er sagt: „Ich bin stolz, diese Mannschaft zu trainieren.“

Sollte das Vorhaben gegen Nordmazedo­nien scheitern, gibt es noch zwei Möglichkei­ten: am Dienstag beim Qualifikat­ionsfinale in Lettland und via „Nations League“-Play-off im Frühjahr 2020.

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[ APA] Tormanntra­iner Robert Almer zeigt ÖFB-Debütant Alexander Schlager Haltung und Blickricht­ung vor.

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