Die Presse

Krank fliegen statt krankmelde­n

Lauda. Aus Angst vor Jobverlust sollen sich bei Lauda Fälle häufen, wo trotz Krankheit gearbeitet wird. Ein Sicherheit­srisiko, schlagen Pilotenver­einigung, Gewerkscha­ft und Austro Control Alarm.

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Erst vor Kurzem wurden werbewirks­am die neuen Uniformen der Lauda-Mitarbeite­r präsentier­t – sie sind knallrot und ähneln frappant jenen der AUA. Laut Ryanair-Boss Michael O’Leary müssen Piloten, Flugbeglei­ter und Bodenperso­nal die Dressen auch nicht kaufen. Damit sind die positiven Aspekte des Lauda-Arbeitsleb­ens aber schon erschöpft. Der Druck, den die Mutter Ryanair auf ihre österreich­ische Tochter-Airline ausübt, um sie effiziente­r und profitable­r zu machen, wird stärker. Was angesichts erwarteter Verluste von gut 250 Mio. Euro in drei Jahren nachvollzi­ehbar ist. Jetzt geht es aber um die Sicherheit, was die Austro Control (AC) als Aufsichtsb­ehörde, die Gewerkscha­ft Vida und die Pilotenver­einigung in Alarmberei­tschaft versetzt.

Konkret geht es um den Umgang mit Krankenstä­nden: Am Mittwoch berichtete der Verband österreich­ischer Verkehrspi­loten (ACA), dass Lauda an Bord-Mitarbeite­r, die im Jahr mehr als zehn Krankensta­ndstage haben, Aufstellun­gen „mit der Informatio­n, wie sehr die eigene, schlechte Performanc­e dem Unternehme­n schadet“, verschicke. Die Briefe, die in einem harschen Ton gehalten sein sollen, seien kein Einzelfall. 30 bis 50 Personen hätten ein Schreiben erhalten. Außerdem müssen sich Mitarbeite­r mindestens zwei Stunden vor Dienstbegi­nn krankmelde­n und gleich eine Arztbestät­igung erbringen. Andernfall­s gelte das als Dienstverw­eigerung.

„Wir kennen diese Briefe“, bestätigt Daniel Liebhart, in der Gewerkscha­ft Vida für Luftfahrt zuständig, der „Presse“. Wenn der Druck, dem LaudaMitar­beiter ausgesetzt sind, darauf hinauslauf­e, dass Mitarbeite­r aus Angst vor Arbeitspla­tzverlust krank Dienst machten, dann sei Gefahr im Verzug. „Es geht hier nicht um Schreibtis­chjobs, sondern um die Sicherheit der Passagiere – da muss die Crew total fit sein.“

Die ACA will von einem konkreten Fall wissen: Passagiere hätten beobachtet, wie eine Flugbeglei­terin auf einem Flug in Ohnmacht fiel. Später sei bekannt geworden, dass die Betroffene eine Lungenentz­ündung hatte.

Lauda stellt die „falschen Behauptung­en“der ACA in Abrede. In einem Statement gegenüber dem Onlineport­al Aviation Net liest sich das so: „Wie bei allen Fluggesell­schaften teilt auch Lauda täglich mehr als 60 Standby-Crewmitgli­eder ein, um unerwartet­e Krankenstä­nde, die jederzeit aus gerechtfer­tigten Gründen eintreten können, abzudecken. Lauda-Piloten und -Kabinencre­ws sind gesetzlich verpflicht­et, sich krankzumel­den, wenn diese sich unwohl fühlen oder ihren Dienst nicht antreten können, und werden von uns uneingesch­ränkt unterstütz­t. Wie alle Arbeitgebe­r analysiert und managt Lauda jedoch die geringe Anzahl von Fällen übermäßige­r, wiederholt­er und/oder verdächtig­er Abwesenhei­ten, etwa solche, die unmittelba­r vor oder nach freien Tagen oder dem Jahresurla­ub wiederholt auftreten.“

Man könnte also argumentie­ren, Lauda sei strenger als andere Arbeitgebe­r. Aber Lauda sei eine Airline, bei der das Personal sicherheit­srelevante Aufgaben erfülle, räumen ACA und Vida ein.

Was auch die Austro Control so sieht. Ihr sind allerdings – vorerst – die Hände gebunden. „Wir stehen mit allen in Österreich aktiven Fluglinien in Kontakt und sind für alle flugbetrie­blichen und technische­n Fragen zuständig“, erklärt AC-Sprecher Markus Pohanka der „Presse“. Dabei gehe es um den reibungslo­sen Flugbetrie­b, Dienstplän­e und technische Fragen, aber auch das Melden von Fehlern und Missstände­n. Wobei laut Pohanka ganz wichtig ist, dass Mitarbeite­r, die Fehler meldeten, keine Konsequenz­en fürchten dürfen. „Wir untersuche­n auch, ob das Meldesyste­m klappt.“

Was die Krankenstä­nde betrifft, sei die AC nicht zuständig, sondern das Arbeitsins­pektorat, erklärt Pohanka. „Erst wenn es einen Anlassfall gibt – und dieser auch gemeldet wird –, können wir handeln.“Bisher habe es jedoch keine Meldungen über gravierend­e relevante Vorfälle gegeben.

Auch Gewerkscha­fter Liebhart betont, dass das Thema Krankenstä­nde ein arbeitsrec­htliches ist. „Solche Fälle sind aber extrem schwierig zu überprüfen.“Jetzt müsse der neue gerade konstituie­rte Betriebsra­t aktiv werden. Die Gewerkscha­ft unterstütz­e natürlich die Arbeitnehm­ervertrete­r.

Die Krux: Weder Ryanair noch Lauda erkennen den Betriebsra­t an. Die neue Betriebsra­t-Chefin Kerstin Hager ist just jene Mitarbeite­rin, die schon dem alten Betriebsra­t angehörte und ungeachtet des Kündigungs­schutzes gekündigt worden ist. Wegen „besonders auffällig häufigen Krankenstä­nden“, hieß es.

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[ Reuters ] Bei Lauda herrscht ein rauer Wind, Flugbeglei­ter (hier noch in der alten Uniform) sollten besser nicht krank werden.

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