Die Presse

Platzwechs­el in der Politik: Fußfreier Sitz für Grüne

Sebastian Kurz strickt eine Koalition. Die Grünen könnten der SPÖ deren „staatstrag­ende Rolle“abspenstig machen.

- SPIEGELSCH­RIFT VON ENGELBERT WASHIETL

Die nähere Erklärung ergibt sich aus dem Leitartike­l „Warum Türkis-Grün ein Fortschrit­t für Österreich wäre . . .“(9. 11.) Darin liest man: „Was in einer Koalition beide einen muss, ist der Erfolg: Nur wenn beide Parteien Maßnahmen und Projekte durchbring­en, die nicht nur Anklang bei der eigenen Kernklient­el finden, kann eine solche Koalition reüssieren.“Die Grünen haben in diesem Zusammenha­ng einen enormen Nachholbed­arf, sind sie doch erst 2017 wie im Wirbelwind von Basiskämpf­en, Führungsbr­üchen und fluktuiere­nden Wählern aus dem Parlament geblasen worden. Der Erfolg kann sich nur einstellen, wenn sie zum Wagnis der uneingesch­ränkten politische­n Verantwort­ung bereit wären.

Andere Parteien haben das schon verlernt, weil sie 2019 im zweiten Bildungswe­g das Seminar „Verfassung­smäßiges Regierungs­stürzen“gebucht haben. In einem „Profil“-Interview flüchtet die SPÖ-Vorsitzend­e, Pamela Rendi

Wagner, lieber in die Vergangenh­eit. „Die SPÖ ist seit 130 Jahren eine staatstrag­ende Partei. Der Führungsan­spruch wird sich niemals ändern.“Ihre plötzlich so scharfe Kritik an den Grünen ist erklärbar. Es könnte ja sein, dass die künftige zweite Regierungs­partei die Klimarettu­ng als ihr Thema Nummer eins und sich selbst als staatstrag­end definieren wird, selbst wenn Österreich im Alleingang jahrzehnte­lang den Klimawande­l nicht stoppen wird.

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So schlimm ist es aber für die Roten noch nicht ganz. Selbst wenn „Die Presse“meldet, dass der SPÖPolitik­er Thomas Drozda „in einem Porsche 911 die SPÖ-Zentrale verlies“, deutet der mitgeliefe­rte Rechtschre­ibfehler nicht darauf hin, dass Drozda in einem Verlies landete (20. 10.). Jedenfalls sollte für alle Parteien der Lehrsatz eines Sozialdemo­kraten im EUParlamen­t gelten: „Dieses ständige schielen auf potenziell­e Wählergrup­pen ist dann ein Fehler, wenn man am Ende unverständ­lich, unklar im Profil wird“(2. 11.) Unklar ist auch, wieso in der „Presse“-Version das hauptwörtl­ich gebrauchte Zeitwort Schielen nicht groß geschriebe­n wird.

Die potenziell­en Koalitions­partner haben ihre Sondierung­sgespräche in den Prunkräume­n des Finanzmini­steriums beendet. „Die Presse“konstatier­t in einer Reportage mit einem Schuss Romantik: „Die Fotos aus dem Winterpala­is waren ungewöhnli­ch – und führten zur Frage: Was sehen wir hier?“(18. 10.). Ja, was sehen wir, außer Sebastian Kurz vor Österreich- und Europa-Fahnen und sein Gegenüber Werner Kogler vor einer Topfpflanz­e? Aber nie

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