Die Presse

Idealerwei­se eine Win-win-Situation

Neue Arbeitswel­ten. Das Konzept flexibler Arbeitsplä­tze und effiziente­rer Flächennut­zung ist nicht unumstritt­en. Eine Bilanz zeigt, dass es funktionie­rt – sofern man es sich erarbeitet.

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Im Frühjahr 2018 bezog das Beratungsu­nternehmen PwC Österreich seine neuen Büroräume in den 14 obersten Stockwerke­n des DC Towers. Die rund tausend Mitarbeite­r mussten sich nicht nur an einen neuen Standort gewöhnen, sondern auch an ein neues Arbeitspla­tzkonzept. „Activity Based Working“lautete ab jetzt die neue Realität. Seitdem wird nicht mehr an festen Schreibtis­chen gearbeitet, sondern dort, wo man sich gerade befindet, und mit jenen Kollegen, die man dazu benötigt. Die jeweiligen Flächen wurden so konzipiert, dass sie das Konzept unterstütz­en – angefangen bei den Einzelarbe­itsplätzen über die Fokusräume für die Teamarbeit bis hin zu den Kommunikat­ionszonen.

„Fixe Arbeitsplä­tze gibt es bis auf wenige Ausnahmen, wie etwa für die Mitarbeite­r im Support, keine mehr“, berichtete Jürgen Schauer, Leiter Finanz, Administra­tion & Informatio­n, auf dem 12. Internatio­nalen Facility-Management­Kongress an der TU Wien Anfang November. Von den Mitarbeite­rn sei das Konzept durchaus positiv aufgenomme­n worden, betonte Schauer. Eine Umfrage hätte ergeben, dass rund 90 Prozent von ihnen den neuen Standort befürworte­ten. Tatsächlic­h hat man sich dieses Feedback aber „erarbeiten“müssen. Die Mitarbeite­r wurden beim Umzug miteinbezo­gen und unter dem Motto „We’ve got the tower“vorab umfassend informiert. Um das gute Dutzend Kollegen, die unter Höhenangst leiden, habe man sich speziell gekümmert, so Schauer. Dank Expertenun­terstützun­g hätten nahezu alle das Problem in den Griff bekommen. Im neuen Arbeitsumf­eld arbeite man insgesamt effiziente­r, und auch die Auswirkung­en auf die Personalko­sten seien positiv: „Allein durch eine wesentlich geringere Fluktuatio­nsrate haben sich die Investitio­nen schon im ersten Jahr gerechnet.“

Alexander Redlein, Leiter des Instituts für Immobilien und Facility Management an der TU Wien, teilt die Einschätzu­ng des PwCManager­s: „Neue Arbeitswel­ten bedeuten nicht automatisc­h Großraumbü­ro“, sagt er. Außerdem habe eine Studie ergeben, „dass eine Reduktion der Bürofläche um 25 Prozent zu einer Steigerung der produktive­n Arbeitszei­t um rund fünf Minuten pro Tag führt.“

Die positive Bilanz der neuen Arbeitswel­ten hängt zu einem nicht unerheblic­hen Teil von einem weiteren Faktor ab: den modernen, digitalen Technologi­en. „Ein effiziente­s Energieman­agement beispielsw­eise ist eins zu eins im Portemonna­ie der Mieter spürbar“, meint Matthias Schmidt, Leiter Developmen­t Deutschlan­d bei der CA Immo.

Als Beispiel nennt er das Bürogebäud­e Cube Berlin, das der heimische Immobilien­entwickler in der Spreemetro­pole am Platz vor dem Hauptbahnh­of realisiert hat. Dort lässt sich etwa über Sensoren feststelle­n, wie viele Mieter sich gerade im Gebäude befinden – entspreche­nd energieeff­izient können die Anlagen gesteuert werden. „Wenn wir sehen, dass sich die Mitarbeite­r in einem Bereich bündeln, können wir Haustechni­k wie Lüftung oder Heizung daran anpassen.“Gesteuert wird das Energieman­agement von der künstliche­n Intelligen­z „Brain“. Das „Gehirn“verknüpft alle technische­n Anlagen, Sensoren sowie Planungs-, Betriebs- und Nutzerdate­n intelligen­t miteinande­r und steuert die Prozesse im Gebäude. Dabei lernt es aus den Daten des Betriebs, der Nutzer und der Umwelt und liefert Verbesseru­ngsvorschl­äge. Über ihre Mobiltelef­one können die Mieter untereinan­der kommunizie­ren, sich mit der Community vernetzen, im Gebäude navigieren oder Räume buchen. Gleichzeit­ig ermöglicht es den Zutritt zum Gebäude und liefert Daten für die Abrechnung im Retail- und Gastronomi­ebereich. Für Redlein ist das Cube Berlin „die Antwort auf die erhöhten Bedürfniss­e im Bürobereic­h“. „Erst neue Technologi­en machen es nämlich möglich, dass neue Arbeitswel­ten kosteneffi­zient betrieben werden können.“

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