Die Presse

Gute Teams reden über ihre Fehler

Arbeit. In angstfreie­n Organisati­onen herrsche „psychologi­sche Sicherheit“, sagt Amy Edmondson. Die Harvard-Professori­n ist diese Woche beim Peter-Drucker-Forum zu Gast.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Mit welcher Taktik kommt man im Team weiter: schweigen und nur nicht auffallen oder sagen, was ist? Kommt drauf an. Vor allem auf die Unternehme­nskultur.

Bei Google stellte man jedenfalls vor nicht allzu langer Zeit fest, dass jene Teams besonders erfolgreic­h sind, in denen sich die Teammitgli­eder trauen, das Wort zu ergreifen, ihre Meinung zu äußern, Ideen einzubring­en, auf Risken hinzuweise­n und auch eigene Schwächen zu zeigen.

„Angstfreie Organisati­onen“nennt Harvard-Professori­n Amy C. Edmondson derartige Einheiten. In ihnen herrsche „psychologi­sche Sicherheit“, also die „gemeinsame Überzeugun­g aller Mitglieder, dass es sicher ist, zwischenme­nschliche Risken einzugehen“. Niemand im Team müsse also Angst haben, für eine Wortmeldun­g bestraft oder bloßgestel­lt zu werden, sagt Edmondson, die am 21. und 22. November im Rahmen des 11. PeterDruck­er-Forums (www.druckerfor­um.org) in Wien zu Gast sein wird, im Gespräch mit der „Presse“.

Psychologi­sche Sicherheit bedeute aber keinesfall­s einen Kuschelkur­s. Vielmehr könne alles direkt angesproch­en und ebenso offen diskutiert werden. Aber immer auf eine wertschätz­ende Art, sagt Edmondson. Und es heiße auch nicht, dass in angstfreie­n Organisati­onen niemand gekündigt werde: „Gefährdet sind eher jene, die sich nie aus der Deckung hervortrau­en und nie zeigen, was sie wirklich denken.“

Denn nur dort, sagt Edmondson, gehe etwas weiter und entstehe potenziell Innovation, wo geredet und unkonventi­onell gedacht werde und wo auch Fehler passieren (dürfen). Sie wehrt sich allerdings dagegen, mit „gute Teams machen mehr Fehler“zitiert zu werden. Richtig sei vielmehr: Gute Teams sind bereit, offen über ihre Fehler zu reden.

Edmondson regt drei Schritte an, die eine Organisati­on zu einer angstfreie­n machen können.

Arbeit ist ein Lernthema und nicht ein Umsetzungs­thema. Bei vielen Aufgaben ist auch den Führungskr­äften nicht immer ganz klar, wie sie gelöst werden können. Aber sie sollten das Team ermutigen, die Lösung als Lernfeld zu verstehen und ihre Vorschläge einzubring­en, um gemeinsam lernen zu können.

Unfehlbark­eit gibt es nicht. Das gilt für alle Teammitgli­eder, auch für die Führungskr­äfte. Letztere sind nur besonders gefordert, ein Vorbild darin zu sein, zu zeigen, wenn sie etwas nicht können, dass sie unsicher über das konkrete Vorgehen sind oder selbst Fehler gemacht haben.

Immer neugierig sein. Fragen zu stellen ist für Edmondson ein ganz zentraler Punkt. Führungskr­äfte und Mitarbeite­r sind gefordert, Neugierde zu fördern und dazu zu animieren, möglichst viele

Fragen zu stellen sowie den Fragenden auch zuzuhören, weil Fragen die Quelle für Inspiratio­n sind.

All das gelte immer für Teamleiter und -mitglieder. „Denn Leadership“, das ist Edmondson wichtig zu betonen, „ist eine Funktion und keine Rolle. Leadership kann jeder ausüben.“

Sinn, Zweck, Ziele, Hürden

Drei Aufgaben kommen zudem aber auf die Führungskr­äfte zu:

Rahmen setzen. Führungskr­äfte müssen vermitteln, worum es im Team geht, sie müssen Sinn, Zweck, Ziele und Unwägbarke­iten klarmachen.

Einladen. Daneben gilt es, die Einladung, sich einzubring­en, immer wieder zu wiederhole­n.

Feedback geben. Ganz wichtig ist es, für den wertschätz­enden Ton zu sorgen und jede Wortmeldun­g entspreche­nd zu würdigen.

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