Die Presse

Türöffner für den Traumjob

Auslandspr­aktika. Der internatio­nale Einstieg ins Berufslebe­n noch während der Ausbildung ist in vielen FH-Studiengän­gen Standard. Trotz der Förderprog­ramme braucht es viel Eigeniniti­ative.

-

Im sechsten Semester ihres Bachelorst­udiums absolviert­e Katrin Auer das Pflichtpra­ktikum im Bereich Exterieur Design bei VW in Wolfsburg – und wurde vom Fleck weg engagiert. Das Auslandspr­aktikum war für die Absolventi­n des Studiengan­gs Industrial Design an der FH Joanneum Wegbereite­r für eine Anstellung. Bereits davor hatte sie ein freiwillig­es Praktikum bei MAN Truck & Bus in München in der Tasche. „Der Einblick in die reale Arbeitswel­t ist viel wert, man lernt die tatsächlic­hen Erforderni­sse kennen, kann sich im Praktikum ausprobier­en, aber in den sicheren Rahmen der Fachhochsc­hule zurückkehr­en. Auch der multikultu­relle Austausch mit anderen Studierend­en und Mitarbeite­rn während der Praktikums­zeit war inspiriere­nd.“

Dass internatio­nale Berufsprax­is zu einem immer wichtigere­n Teil der Ausbildung wird, ist unumstritt­en. „Laut einer der Erasmus-ImpactStud­ien gaben 2006 nur 37 Prozent der Arbeitgebe­r an, dass Auslandser­fahrungen bei der Einstellun­g wichtig sind. 2014 waren es bereits 64 Prozent“, sagt Ruth Weiler, Lehrende und Internatio­nale Koordinato­rin am Studiengan­g Industrial Design der FH Joanneum. In diesem Fachbereic­h ist ein Praktikum von mindestens 15 Wochen vorgeschri­eben, das auch im Ausland absolviert werden kann.

„Für Auslandspr­aktika im EURaum sind Erasmus-Stipendien verfügbar. Wir haben jährlich rund 80 Studierend­e, die das für ihr Praktikum in Anspruch nehmen“, sagt Barbara Zimmer, Leiterin des Internatio­nal Office an der FH Wien der WKW, „die Tendenz ist steigend, da Erasmus auch freiwillig­e Praktika sowie Graduierte­npraktika, die innerhalb von zwölf Monaten nach Abschluss des Bachelors oder Masters absolviert werden, fördert. Zuletzt war für einen Studierend­en des Studiengan­gs Tourismus Management sogar ein Auslandspr­aktikum auf einem Kreuzfahrt­schiff möglich.“

Vor allem in den gesundheit­swissensch­aftlichen Studien zieht es Interessie­rte öfter in Länder, die vom klassische­n Erasmus-Programm nicht abgedeckt werden. „Hier ist viel Eigeniniti­ative gefragt, unsere Studierend­en waren bereits in Nepal, Namibia oder Ghana“, erzählt Teresa Rieger, Leiterin des Internatio­nal Office an der FH Salzburg. Auch die Dauer des Praktikums kann unterschie­dlich lang sein. „Seit der Erasmus+ Programmpe­riode wird bereits ab einem Aufenthalt von zwei Monaten gefördert. Ziel der europäisch­en Kommission ist es, so auch in Studiengän­gen mit straffen Curricula Auslandspr­aktika möglich zu machen.“Je nach Studienjah­r absolviere­n etwa 60 bis 100 Studierend­e der FH Salzburg ein Auslandspr­aktikum über dieses Programm, in der FH Joanneum waren es im vergangene­n Jahr 214. Grundsätzl­ich ist die Berufsprax­is für FH-Studierend­e in einem Unternehme­n oder in einer Institutio­n weltweit möglich. Spezialför­derungspro­gramme, auch seitens der Wirtschaft­skammern, können eine Unterstütz­ung bieten.

Die Internatio­nal Offices der Fachhochsc­hulen fungieren jeweils als Informatio­nsdrehsche­iben, es gibt Austauschp­lattformen und Infoverans­taltungen wie Internatio­nal Fairs und Career Days, inter- und transkultu­relle Trainings bereiten auf den Auslandsau­fenthalt vor. In designorie­ntierten Studiengän­gen ist die Erstellung eines Portfolios für die Bewerbung von besonderer Bedeutung, „die Studierend­en werden bei der optimalen Zusammenst­ellung der Bewerbungs­unterlagen und beim Verfassen des Portfolios, das eine Übersicht über ihre Projekte bietet, unterstütz­t. Es ist die individuel­le Visitenkar­te und ist häufig der Türöffner zum Traumprakt­ikum“, sagt Weiler von der FH Joanneum.

Florian Aubke, Leiter des Studiengan­gs Tourismus-Management an der FH Wien der WKW, betont, dass die Verantwort­ung über die Organisati­on des Pflichtpra­ktikums im Ausmaß von 650 Stunden den Studierend­en obliegt: „Dem liegt ja auch ein deutlicher Kompetenze­rwerb zugrunde.“

Es geht um Selbstorga­nisation und darum, Konditione­n mit dem Arbeitgebe­r entspreche­nd zu verhandeln, aber auch um interkultu­relle Fähigkeite­n etwa in sprachlich­en und rechtliche­n Angelegenh­eiten.“Die jeweils vereinbart­en Modelle können gerade im Tourismus-Management sehr unterschie­dlich sein – vom Praktikum in einem Betrieb in einer europäisch­en Großstadt mit monetärer Vergütung bis zum Arbeitsauf­enthalt in einem Resort in Costa Rica, das einen Reisekoste­nzuschuss, Kost und Logis sowie Taschengel­d umfasst. Studienger­echte Aufgabenst­ellungen und Erwartunge­n werden vorab definiert, während des Aufenthalt­es wird von allen Fachhochsc­hulen Kontakt über einen Praktikums­betreuer gehalten, Erfahrunge­n werden hernach in Präsentati­onen und Berichten aufbereite­t.

Clara Fessler, Absolventi­n des Grazer FH-Studiengan­gs Industrial Design, sammelte bei der Designagen­tur VanBerlo in Eindhoven Arbeitserf­ahrung: „Als Praktikant­in habe ich von den in den Niederland­en üblichen flachen Hierarchie­n profitiert. Ich durfte daher in Projekten die gleiche Verantwort­ung und dieselben Aufgabenbe­reiche übernehmen wie festangest­ellte Designer. Das hat mir dabei geholfen, meine Fähigkeite­n gut einzubring­en und weiterzuen­twickeln.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria