Die Presse

Casinos. Die türkis-grüne Aufbruchst­immung hat ein jähes Ende genommen. Die Casinos-Affäre belastet längst die Koalitions­gespräche.

- VON JUDITH HECHT

Wien. Mittlerwei­le gibt es in der CasinosCau­sa elf Beschuldig­te. An jedem Tag der vergangene­n Woche gab es neue Enthüllung­en. Anscheinen­d haben sich Ex-Finanzmini­ster Hartwig Lögerg und sein Generalsek­retär, der jetzige Öba g-Chef, Thomas Schmid, starkgemac­ht, um Peter Sidlo (FPÖ) zum Finanzvors­tand bei den Casinos zu machen. Dass ÖVP-Politiker in den Deal zwischen dem Glücksspie­lkonzern Novomatic und der FPÖ verwickelt sein könnten, gibt der Sache eine ganz neue Dimension.

1 Wie wirkt sich die Casinos-Causa auf die türkis-grünen Koalitions­verhandlun­gen aus?

Nicht nur der ÖVP, auch den Grünen kommt die Casinos-Affäre bei den Koalitions­verhandlun­gen in die Quere. Denn die Grünen müssen, kaum haben sie am Verhandlun­gstisch Platz genommen, fürchten, ihr Gesicht bei ihren Wählern zu verlieren. Die ÖVP genieße „natürlich“weiterhin sein Vertrauen, sagte Grünen-Chef Werner Kogler kürzlich. Zur Nagelprobe wird allerdings die Abstimmung­g über den Untersuchu­ngsausschu­ss zum „FPÖNovomat­ic-Deal“werden. Diesen fordern die Neos mit Vehemenz. Sebastian Kurz wird ein solcher U-Ausschuss eher nicht recht sein.

Dass sich sein Ex-Minister und dessen Kabinettsc­hef ohne Zuruf von oben bei der Bestellung von Peter Sidlo (FPÖ) engagiert haben sollen, können sich die Neos nicht vorstellen. Sie sind davon überzeugt,g dass es sich hier um keinen reinen FPÖ -Skandal, sondern „selbstvers­tändlich um einen türkisblau­en Skandal“handelt.

Der sonst für seine unumwunden­e Wortwahl bekannte Grünen-Chef, Werner Kogler, äußerte sich jedoch bisher sehr zurückhalt­end zur Causa. „Das war sicher mehr als der übliche Postenscha­cher“, sagt er. Aber bisher deute alles nur auf eine Involvieru­ng von Hartwig Löger auf ÖVP-Seite hin. Erst wenn sich mehr zeige, müsse man „die Sache neu bewerten“. Wer die Grünen-Basis kennt, weiß, dass Werner Kogler bald Farbe bekennen muss.

2 Wie gehen die Ermittlung­en der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft weiter?

Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) hat am 20. und 21. November weitere Einvernahm­en anberaumt. Die ehemaligen Casinos-Vorstände Alexander Labak und Dietmar Hoscher, die Aufsichtsr­äte Robert Chvatal und Jürgen Kittel (sie repräsenti­eren die Sazka-Gruppe) sowie der Casinos-Pressespre­cher Patrick Minar, Raimund Steiner und ein weiterer Mitarbeite­r der Personalbe­ratung Zehnder sollen an diesen Tagen als Zeugen vernommen werden. Steiner hat im Auftrag des Casinos-Aufsichtsr­ats die Beurteilun­g von Peter Sidlo vorgenomme­n. Seine Aussage könnte einiges zur Klärung des Sachverhal­ts beitragen. Derzeit scheint festzusteh­en, dass Steiner in einer ersten Fassung Sidlo noch schlechter bewertet hat als in einer zweiten Version. Das ist jene, die später dem Personalau­sschuss des Aufsichtsr­ats vorgelegt worden sein soll. Warum hat sich Personalbe­rater Steiner entschloss­en, die erste Version zu entschärfe­n? Hat womöglich Walter Rothenstei­ner nach der Interventi­on von Ex-Finanzmini­ster Löger den Personalbe­rater aufgefor

dert, das zu tun?

In seinem Aktenverme­rk vom 1. Februar kündigte der Aufsichtsr­atschef jedenfalls an, noch mit Steiner sprechen zu wollen, „damit wir einstimmig (Anm.: im Aufsichtsr­at) bestellen können.“In seiner Zeugenauss­age vom 20. September 2019 gibt Rothenstei­ner an, dass er nicht glaube, mit Raimund Steiner nach dem Löger-Telefonat noch einmal gesprochen zu haben. In seinem Kalender entdeckten die Ermittler allerdings einen Eintrag, der auf einen Termin mit Steiner am 5. Februar schließen lässt. Ob er stattgefun­den hat, wird Steiner sicher sagen können. Seine Antwort ist nicht nur für die Ermittler, sondern auch für die anderen Präsidiums­mitglieder interessan­t. Sie wollen sicher wissen, ob der Aufsichtsr­atschef ihnen die Steiner-Unterlagen ungeschönt vorgelegt hat.

3 Hat die Staatsanwa­ltschaft den Chat Gudenus/Sidlo „ bewusst“falsch interpreti­ert?

Die WKStA habe aus seinem WhatsApp an Johann Gudenus vom 12. August 2018 „bewusst falsche Schlüsse gezogen“, teilte Sidlo gestern mit: „Hallo Joschi, habe mit meinen Freunden bezüglich Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig den Deal zu machen“, heißt es da. Aber der zweite Teil, „Sie kennen (Casinos-Aktionär, Anm.) Sazka gut, benötigen jedoch zur Beteiligun­gsstruktur (Finanzieru­ng) ein paar Details. Wer kann uns diese besorgen?“, zeige, dass es nicht um seine Bestellung und die Novomatic gegangen sei, sondern um Folgendes: Sidlo habe damals eine tschechisc­he Firma beraten. Diese hatte Interesse, die Sazka-Anteile der Casinos zu erwerben, um diese später – mit Profit – an die Öbag zu verkaufen. Die Sazka-Gruppe, die mit den anderen Casinos-Eigentümer­n im Clinch liegt, überlegte damals angeblich, ihre Beteiligun­g wieder loszuwerde­n. Der Republik wollte sie diese aber nicht verkaufen. Zu dem Deal mit den Tschechen kam es schlussend­lich nicht.

 ?? [ Getty Images ] ??
[ Getty Images ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria