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Der Staat ist an mehr als 100 Unternehmen beteiligt. Es wird Zeit, dass der Bauch- und Selbstbedienungsladen endlich aufgeräumt wird.
Der frühere Finanzminister Hans Jörg Schelling hat sich in kleiner Runde gern über die Beteiligungen der Republik Österreich lustig gemacht. Zuweilen erzählte er die Schnurre vom Wiener Fiaker, der im Schloss Schönbrunn wegfährt, das zum Wirtschaftsministerium ressortiert, durch den Schlosspark rollt, der natürlich dem Landwirtschaftsministerium unterliegt, und schließlich beim Tiergarten haltmacht, der – völlig logisch – wieder dem Wirtschaftsministerium zuzurechnen ist. Dass genau jener Finanzminister die Casinos Austria, die bis vor wenigen Jahren ohne direkte Staatsbeteiligung auskamen, zu einem Staatsunternehmen umgemodelt hat, bleibt ein Treppenwitz der Geschichte. Mittlerweile ist allerdings allen Beteiligten das Lachen vergangen. Die Affäre Casinos Austria ist einmal mehr ein Beweis, dass der Bauch- und Selbstbedienungsladen des Staats ein für alle Mal ausgemistet und aufgeräumt gehört.
Und um gleich vorweg Missverständnisse zu vermeiden: Es geht nicht darum, alles zu privatisieren. Es geht zuallererst um die Frage: Woran soll der Staat überhaupt beteiligt sein?
Denn im Sammelsurium österreichischer Staatsbeteiligungen finden sich Kuriositäten, bei denen die Sinnhaftigkeit schwer anzuzweifeln ist. Warum etwa muss die Republik mit 23,3 Prozent an der Planai-Hochwurzenbahn beteiligt sein? Welche Interessen der Republik werden da gewahrt? Schneesicherheit wird es wohl nicht sein. Warum betreibt der Staat als 100-Prozent-Eigentümer etwa 50 Kantinen? Von der Kantine für die Polizisten in der Rossauer Kaserne bis zum Cafe´ Schrödinger an der TU Wien. Das können doch private Unternehmer genauso gut und vermutlich auch effizienter und günstiger. Und wenn man sich ansieht, wie schwer sich eine Regierung schon damit tut, einen einzigen geeigneten Finanzvorstand für die Casinos Austria zu finden, will man eigentlich gar nicht mehr wissen, wer aller in den diversen Aufsichtsräten und Kontrollgremien sitzt – immerhin ist der Staat laut Firmenbuch an mehr als 100 Unternehmen beteiligt.
Wenn man übrigens fragt, wie so ein Wirrwarr an staatlicher Zuständigkeit überhaupt möglich ist, dann bekommt man darauf die typisch österreichische Antwort: „Historisch gewachsen.“
Wer seinen Staatsschatz so jämmerlich verwaltet, darf sich am Ende auch nicht wundern, wenn die Bevölkerung mit Unternehmen wie OMV, Telekom Austria, Verbund, Post und ÖBB weniger öffentliche Sicherheit und Infrastruktur verbindet, als vor allem Proporz, politischen Postenschacher und Mauschelei.
Diese Art von Politik schadet in erster Linie den Staatsunternehmen selbst, die nämlich in der Regel einen guten Job machen und sehr viel zum Wohlstand in diesem Land beitragen, weil sie zu den größten Steuerzahlern und Arbeitgebern zählen und weil sie an den Staat Milliarden an Dividenden ausschütten.
Welchen strategischen Sinn es für die Republik hat, sich an einem Casino zu beteiligen, ist allerdings nicht erst nach all den unappetitlichen Enthüllungen der vergangenen Tage sehr zu hinterfragen.
Österreich braucht ein transparentes, dem parteipolitischen Zugriff entzogenes Management seiner Staatsbeteiligung. Die Österreichische Beteiligungs AG (Öbag) steht nur zehn Monate nach ihrer Gründung im Zentrum eines Skandals, ihr Chef, Thomas Schmid, wird in einem Strafverfahren als Beschuldigter geführt.
Für einen Neustart muss man das Rad nicht einmal neu erfinden. Man könnte etwa einen Blick nach Norwegen werfen. Der größte Staatsfonds der Welt verwaltet mehr als eine Billion Dollar. Der Staat darf sich jährlich maximal drei Prozent des Fondsvolumens ausschütten. Für staatliche Investitionen gibt es klare ethische, soziale und ökologische Regeln. Der Staatsfonds steht zwar im Eigentum des Finanzministeriums, wird allerdings – um parteipolitische Einflussnahme zu erschweren – von der norwegischen Zentralbank verwaltet.
Oesterreichische Nationalbank und parteipolitisch unabhängig? Auch das beste Konzept kann Anstand und Integrität nicht ersetzen.