„Ich habe auf Anweisung Donald Trumps gehandelt“
USA. Mit EU-Botschafter Sondland belastet erstmals ein Vertrauter den Präsidenten. Ein Impeachment-Verfahren erscheint nun unausweichlich.
In einem Punkt herrschte am Mittwoch in den USA ungewohnte Einigkeit. Ob liberale Kommentatoren auf CNN oder konservative auf Fox News, ob Demokraten oder Republikaner: Alle wussten, dass der vorläufige Höhepunkt im Drama um eine etwaige Amtsenthebung des Präsidenten gekommen war. Gordon Sondland stellte sich dem Kongress. Und der Auftritt des von Donald Trump zum EU-Botschafter ernannten Multimillionärs hatte das Potenzial, das politische Washington auf den Kopf zu stellen.
Tatsächlich stand mit Sondland erstmals ein Vertrauter des Präsidenten den Abgeordneten Rede und Antwort, der in der UkrainePolitik der Regierung eine zentrale Rolle gespielt hatte. Und der 62-jährige Diplomat, der sich gegen den Willen des Weißen Hauses für eine Aussage entschieden hatte, lieferte Trumps Gegnern einiges an Munition.
Ja, er habe den ukrainischen Staatschef, Wolodymyr Selenskij, dazu gedrängt, Ermittlungen gegen Trumps politischen Widersacher Joe Biden und dessen Sohn Hunter einzuleiten, gab Sondland an. Der Auftrag dazu sei von Rudy Giuliani, Trumps Anwalt, gekommen. Und: Der US-Präsident habe ihn, Sondland, persönlich dazu aufgefordert, Giulianis Direktive zu folgen. „Ich handelte auf Anweisung des Präsidenten“, betonte Sondland.
Es sei für ihn „wahrscheinlich“gewesen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen den zurückgehaltenen Hilfsgeldern an die Ukraine auf der einen Seite und der Forderung nach Ermittlungen gegen Bidens Familie auf der anderen Seite gegeben habe. Mit anderen Worten: Ein Quid pro quo – Militärhilfe gegen Ermittlungen – wurde auf Anordnung des Weißen Hauses durchaus angestrebt. Das hatte Trump bisher stets bestritten.
Sondland berichtete, seine Bedenken unter anderem dem Vizepräsidenten Mike Pence mitgeteilt zu haben; auch Außenminister Mike Pompeo habe davon gewusst. Dies ist von Bedeutung, weil Sondland damit nicht nur Trump, sondern im Prinzip die ganze Regierungsspitze belastet. Pence und Pompeo konnten sich dem Kreuzfeuer der Kritik bisher zum großen Teil entziehen, weil Beobachter davon ausgingen, dass Trump in der Ukraine eine Schatten-Außenpolitik um Giuliani aufgebaut hatte.
Spätestens nach der Aussage Sondlands scheint es unausweichlich, dass das von den Demokraten dominierte Abgeordnetenhaus noch vor Weihnachten ein offizielles Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) gegen Trump einleiten wird. Dafür ist eine einfache Mehrheit nötig. Damit dürfte Trump nach Andrew Johnson und Bill Clinton der dritte US-Präsident werden, gegen den ein solches Verfahren in die Wege geleitet wird.
Noch ist unklar, ob sich mit den Anschuldigungen Sondlands auch die Stimmung innerhalb der republikanischen Partei drehen wird. Einige konservative Abgeordnete wie Jim Jordan aus Ohio deuteten im Vorfeld an, dass sie ihre Meinung überdenken würden, wenn auch Sondland Trump belastet.
Freilich: Trumps Anhänger geben zu bedenken, dass die Hilfsgelder in Höhe von rund 400 Millionen Dollar letztlich auch ohne Untersuchungen gegen die Bidens überwiesen wurden. Ein Grund für die Zurückhaltung der Hilfe sei gewesen, dass Trump Europa dazu bewegen wollte, mehr Mittel für die Ukraine beizusteuern.
Um den Präsidenten des Amtes zu entheben, wäre im Senat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Zwar denken mittlerweile auch viele konservative Abgeordnete, dass Trumps Verhalten in der Affäre unangemessen gewesen sei. Einen Machtmissbrauch zum eigenen politischen Vorteil, der ein Grund für die Amtsenthebung wäre, orteten sie bisher aber nicht.