Wenn Politiker einen Bock schießen
Jagd. Tirols SPÖ-Chef Dornauer vergaß seine ungesicherte Waffe. Er ist nicht der einzige Jäger in der Politik. Manche Volksvertreter sehen darin eine Repräsentation, Kritiker fürchten Korruption.
Aus Tirol, so wird dieser Tage gescherzt, habe die Bundes-SPÖ so schnell keine Querschüsse mehr zu erwarten. Schließlich wurde gegen den Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer ein vorübergehendes Waffenverbot verhängt. Eine Folge dessen, dass Dornauer seine Jagdwaffe in einer Tasche auf der Rückbank seines Porsches zurückließ. Eine hintere Scheibe war geöffnet, die Polizei schaute sich den beim Flughafen abgestellten Wagen näher an und stellte die Waffe sicher.
Nun droht Dornauer eine Verwaltungsstrafe oder gar ein Waffenverbot. Denn die Waffe war laut dem Akt geladen, auch wenn sich Dornauer das nicht erklären kann. Ob ihm die Aktion politisch schadet, ist eine andere Frage. Gerade in Tirol sind die Politik und das Jagen eng miteinander verwoben. Andererseits stehen jagende Volksvertreter immer wieder in der Diskussion, wenn auch weniger wegen schlecht verwahrter Waffen.
Für Aufsehen sorgte 2012 Tirols ÖVP–Landeshauptmann Günther Platter, weil er sich laut Medienberichten auf Jagden einladen ließ. Eine Gams, einen Hirsch, einen Rehbock oder auch ein Murmeltier soll Platter gratis geschossen haben. Der Landesvater dementierte, dass er Murmeltiere gegen politische Deals tausche. „Es kann nicht sein, dass der Landeshauptmann keine Chance mehr hat, das Freizeitvergnügen im eigenen Land zu verbringen“, meinte er. Platter versprach aber, Jagdeinladungen nicht mehr anzunehmen. Der damalige ÖVP-Chef Michael Spindelegger nahm Platter in Schutz. Für einen Tiroler Landeshauptmann sei es notwendig, zu jagen, so wie ein niederösterreichischer Landeshauptmann Wein trinken müsse.
Aber Landeshauptleute nehmen nicht nur, sie geben auch. In Tirol traditionell in Form von Ehrenabschüssen, auch wenn diese im Laufe der Zeit immer weniger wurden. Im Jahr 2016 etwa gab das Land Tirol noch vier Persönlichkeiten die Möglichkeit, auf Kosten des Landes ein Tier erlegen zu dürfen. Für Debatten sorgte jedoch jahrelang die Geheimhaltung der solcherart Geehrten.
Als geheimnisumwittert galten auch die Jagdausflüge des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly, bei denen mutmaßlich dubiose Geschäfte verhandelt wurden. Aber auch andere Jagdrunden, in denen Vertreter von Politik und Wirtschaft miteinander netzwerken, gibt es.
Vor allem in der schwarzen Reichshälfte (in Türkis würde man im Wald wohl zu sehr auffallen) ist die Jagd beliebt. Aber nicht nur.
Ein Jäger war auch Karl Lütgendorf, Verteidigungsminister der SPÖ-Alleinregierung 1971-1977. Wenngleich er das Parteibuch trotz Bruno Kreiskys Bitte („Ich hab’ in der Partei den Cap, der is’ a Grätzn und macht mir sonst Zores“) nie annahm. Die größten Schlagzeilen machte Lütgendorf aber, nachdem er wegen des Verdachts, in illegale Waffengeschäfte verwickelt zu sein, die Politik verließ. 1981 wurde der Politiker tot in seinem Jagdhaus aufgefunden. War es Suizid? War es ein Mord, weil er zu viel über den Fall Lucona wusste? Bis heute gibt es Spekulationen.
Die Justiz hat den Fall geschlossen. Wie auch Ermittlungen gegen Prominente wie Ex-Vizekanzler Josef Pröll, denen von Aktivisten nach einer Gatterjagd Tierquälerei vorgeworfen worden war. Nach vier Jahren Untersuchung stellte die Staatsanwaltschaft die Causa im Jahr aber 2017 ein. Pröll, er ist niederösterreichischer Landesjägermeister, betonte, die Gesetze eingehalten zu haben. So wie er auch einmal erklärte, dass das Image der Jagd in der Bevölkerung besser sei „als sich das manche wünschen“. 70 Prozent der Bevölkerung würden der Jagd aufgeschlossen bis positiv gegenüberstehen.
Zumindest, solange die Waffe nicht ungesichert herumliegt.