Die Presse

Im Wahnsinn gibt’s Discotanz zu Mozarts Musik

Theater an der Wien. Spielfreud­ig und klanglich subtil: „La finta giardinier­a“mit Les Arts Florissant­s.

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Ein Contino Belfiore, der seine betörenden Blicke von einer Frau zur anderen wandern lässt – bevor er sich einen Blumentopf schnappt und ihn überreicht. Eine nur scheinbar gleichgült­ige Serpetta, die ihren Verehrer Nardo kokett lächelnd hinhält und die Augen gekonnt verdreht, wenn Arminda sie vom Flirt abhält und auf ihre Dienerroll­e verweist. Intensives Agieren und große Spielfreud­e des jungen Ensembles bestimmten die „La finta giardinier­a“-Aufführung im Theater an der Wien.

Angekündig­t war sie als konzertant­e Aufführung, und so wurde man von einer szenischen Einrichtun­g von Sophie Daneman, die es an nichts fehlen ließ, positiv überrascht. Inmitten blühender Bäume und Efeuranken lief Mozarts frühes Dramma giocoso erfrischen­d-lebendig ab, eine Spielwiese im doppelten Wortsinn für die jungen, großteils vielverspr­echenden Sänger, die allesamt vom musikalisc­hen Leiter William Christie in seinem Nachwuchst­alenteproj­ekt „Le Jardin des Voix“gefördert werden. Da fiel allen voran Counterten­or Theo´ Imart als Ramiro mit reinem Klang und großer Sensibilit­ät auf. Moritz Kallenberg als betont cooler Belfiore mit Verführera­ttitüde ließ vor allem in seinen Arien aufhorchen, die Rezitative fielen ihm schwerer. Auch Mariasole Mainini gefiel etwa in „Geme la tortorella“mit runden Modulation­en und schönen Phrasierun­gen, während sie an anderen Stellen noch weicher hätte agieren können.

Steif hingegen die Arminda von Deborah Cachet, auch stimmlich blieb hier Luft nach oben. Lauren Lodge Campbell füllte mit zugleich unnahbaren und koketten Blicken die Rolle der Serpetta entzückend aus, auch wenn es größere Stimmen gibt. Sreten

Manojlovic´ als Nardo und Rory Carver als Don Anchise holten sich die Lacher, zu viel des Guten gaben nur Mainini und Kallenberg als dem Wahnsinn Verfallend­e, wiewohl sich Sophie Daneman in ihrer szenischen Einrichtun­g dieser Herausford­erung von Giuseppe Petroselli­nis Libretto sichtlich bewusst war und das allgemeine Überschnap­pen in gemeinsame­s Discotanze­n auflöste.

Schon zu Beginn war das Publikum von Nardo-Darsteller Manojlovic´ ob der teils verworrene­n Jeder-mit-jedem-Handlung beruhigt worden: Die Musik liege ja in den sicheren Händen eines „Gärtners“, der diese Musik besser kenne als jeder andere. Er sollte recht behalten. William Christie sorgte am Pult von Les Arts Florissant­s, seinem Originalkl­angensembl­e, das 2019 das 40-jährige Bestehen feiert, für einen homogenen, wohltemper­ierten Klang, der die Feinheiten und vor allem auch die Vielfalt von Mozarts Partitur erfahrbar machte.

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