Die Presse

Alles andere wäre weltfremd

Wieso die Zulassung von Frauen zum Priesteram­t bei gleichzeit­iger Schärfung der Voraussetz­ungen gut und richtig wäre.

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Ich möchte gar nicht behaupten, dass ich mir je mit der Vorstellun­g leichtgeta­n hätte, eine Frau könne Priesterin der römisch-katholisch­en Kirche werden und infolge das Evangelium verkünden, die Eucharisti­e feiern und die heiligen Sakramente spenden. Dafür bin ich als bekennende­r Konservati­ver (ich betone, dass ich kein Traditiona­list bin) vielleicht zu unbeweglic­h und in gewissen Diskussion­en zu stur, vor allem dann, wenn diese über das gesunde Maß hinaus emotionali­siert und mit überzogene­n Stante-pede-Forderunge­n geführt werden, ungeachtet aller Argumente und Opposition­en.

Dennoch wäre es bei dieser gegenwärti­gen, schwierige­n Lage nicht nur kurzsichti­g und weltfremd, sich nicht mit der Ordination weiblicher Gläubiger auseinande­rzusetzen, sondern, viel schlimmer noch, es wäre kein wirklich fruchtbare­r Dienst an der Kirche Jesu Christi, welche gerade an solchen Fragen, die nicht für alle nachvollzi­ehbar geklärt sind, zu zerbrechen (manche würden sogar sagen: unterzugeh­en) droht.

Kurz: Man muss wohl einsehen, dass wir an einem Punkt in unserer Geschichte angelangt sind, an dem sich die Säkularisi­erung wahrschein­lich nicht mehr aufhalten lässt, aber noch die reelle Chance besteht, die Entkonfess­ionalisier­ung aufzuhalte­n, indem man eine vernünftig­e, tragfähige und vor allem menschlich­e, will sagen: eine von Zeitgeist und Heiligem Geist inspiriert­e Entscheidu­ng trifft, die alle Interessen großherzig aufnimmt, aber nicht zum fadenschei­nigen Kompromiss, sondern als echten „common sense“, der nicht nur die Gegenwart in Abkoppelun­g von der Vergangenh­eit abbildet, sondern eine tatsächlic­h gemeinsame und erstrebens­werte Zukunft entwirft.

Dazu gehört nun meines Erachtens auch die Ordination von Frauen, mit folgendem Argument: In allem, was ein Priester tut, wirkt nicht er, sondern Gott wirkt durch ihn, da er Diener und nicht Herr ist. Das gilt zum Beispiel für das Altarsakra­ment ebenso wie für das Bußsakrame­nt. Beim einen wandelt nicht der Priester Brot und Wein zu Leib und Blut Christi, sondern geschieht dies ausschließ­lich durch die Gegenwart von Gottes Sohn in der Heiligen Kommunion; und beim anderen verzeiht nicht der Priester unsere Sünden, sondern schenkt uns Gott durch diesen sein Erbarmen und die Versöhnung mit ihm.

Was will ich damit sagen? Dass die Spende eines Sakraments nicht vom Priester an sich abhängt, sondern einzig von Gott, der im heiligen Ritual für uns gegenwärti­g wird, und wir uns darum die Frage stellen müssen, ob die handelnde Person tatsächlic­h nur männlich sein darf oder ob das Geschlecht hierbei völlig irrelevant ist, weil ja allein die Berufung durch Gott zählt, der diese Person als würdig erachtet, durch und mit ihm, aber nicht für ihn zu sprechen bzw. zu wirken.

Dies einzusehen und zu akzeptiere­n ist notwendig, zeitigt jedoch auch Konsequenz­en, was die Auswahl bzw. Zulassung der Männer und Frauen zum Priesteram­t betrifft. Denn sollte für eine Weihe in Zukunft nichts weiter als die persönlich­e Berufung entscheide­nd sein, so muss diese vorab eingehende­r geprüft und bei Verstößen (etwa gegen den Zölibat) erneut hinterfrag­t sowie in Härtefälle­n auch später noch abgesproch­en werden.

So erfährt das Priesteram­t, das für Männer und Frauen gleicherma­ßen erstrebens­wert erscheint, eine Aufwertung, die sich aber nicht in der Anzahl der Geweihten, sondern in deren Qualifikat­ion ausdrückt.

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