Was tun mit Peter Sidlo?
Casinos. Die Causa Sidlo wirft viele rechtliche Fragen auf, die Eigentümer, Vorstand und Aufsichtsrat sehr bald lösen müssen.
Welche Fragen sich die Casinos Austria im Fall ihres Finanzvorstands beantworten müssen.
Wien. Am 10. Dezember wird eine außerordentliche Hauptversammlung bei der Casinos Austria stattfinden. Die tschechische SazkaGruppe hat die Einberufung aller Aktionäre verlangt, um Finanzvorstand Peter Sidlo (FPÖ) das Vertrauen zu entziehen. Die Tschechen halten 38,29 Prozent an der Casinos.
Man kann gespannt sein, wie sich die anderen Aktionäre, insbesondere die Novomatic (sie hält 17,19 Prozent) und die Öbag (33,24 Prozent), verhalten werden. Denn die Causa Sidlo ist eine höchst prekäre Angelegenheit, die dem Unternehmen massiv schadet. Dass Entscheidungen anstehen, wenn sich die Casinos aus ihrer Lähmung befreien will, ist allen Beteiligten klar. Allerdings ist die Situation praktisch wie rechtlich komplex. Das zeigt sich auch daran, dass namhafte Experten, selbst wenn sie gar nichts mit der Casinos zu tun haben, lieber nicht genannt werden wollen. „Die Presse“hat dennoch Antworten auf die wichtigsten Fragen gefunden.
1 Können die Casinos-Eigentümer Sidlo am 10. Dezember abberufen?
Nein, das können sie nicht. Das kann nach dem Aktiengesetz nur der Aufsichtsrat aus wichtigem Grund tun. Wenn ihm die Eigentümer jedoch mit einfacher Mehrheit das Vertrauen entziehen, ist das als Auftrag an den Aufsichtsrat zu verstehen, Sidlo seiner Funktion zu entheben. Entscheidend wird also sein, ob neben der Sazka auch die Öbag und/oder die Novomatic Sidlo loswerden will.
2 Wer wird die Casinos-Eigner bei der Hauptversammlung vertreten?
Diese Frage werden sich die Eigentümer, insbesondere die Öbag und die Novomatic, zuvor genau überlegen müssen. Prinzipiell wird der Eigentümer in der Hauptversammlung von seinem Vorstand vertreten. Das ist in diesem Fall aber heikel. Denn die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) verdächtigt sowohl den Vorstandsvorsitzenden der Novomatic, Harald Neumann, als auch den Alleinvorstand der Öbag, Thomas Schmid, in mögliche Deals rund um die Bestellung Sidlos involviert gewesen zu sein. (Für sie gilt die Unschuldsvermutung.) Können die beiden daher überhaupt ihr Stimmrecht als Vertreter der Eigentümer bei der Hauptversammlung ausüben? In diesem Fall wäre es besser, sie würden das Stimmrecht für die Gesellschaft nicht selbst ausüben, sagen Experten, weil sie wohl befangen sind.
Das müssen sie im Übrigen auch nicht. Sie können sich nach dem Gesetz ohnehin vertreten lassen. Allerdings sollte außer Streit stehen, dass der Vertreter wirklich unbeeinflusst agiert. Im Falle der Novomatic wäre es also bedenklich, statt Vorstandsvorsitzendem Neumann, der im Übrigen auch
Aufsichtsratsvize der Casinos ist, Eigentümer Johann Graf in die Hauptversammlung zu schicken. Denn auch er wird von der WKStA als Beschuldigter geführt.
3 Wann kann dem Vorstand das Vertrauen entzogen werden?
Nach dem Aktiengesetz kann der Vorstand nur „aus wichtigem Grund“vorzeitig abberufen werden, also wenn er seine Pflichten grob verletzt hat, unfähig ist, seine Geschäftsführung ordnungsgemäß auszuführen oder ihm das Vertrauen entzogen worden ist. Pflichtverletzungen wird man Peter Sidlo nicht unbedingt vorhalten können. Allerdings hat er nach einem Gutachten des Innsbrucker Universitätsprofessors Thomas Müller, das die Sazka in Auftrag gegeben hat, nie die Anforderungen, die ein Geschäftsleiter der Casinos nach dem Glücksspielgesetz haben müsste, vorweisen können. Müllers Fazit: Sidlo hätte deshalb auch nie bestellt werden dürfen.
Doch zurück zu Sidlo: Allein seine mangelnde Befähigung, so sagen die von der „Presse“befragten Experten, sei Grund genug, ihn abzuberufen: „Denn sobald jemand nicht in der Lage ist, seine Geschäftsführung auszuführen, kann er nicht mehr Vorstand bleiben. Ob verschuldet oder unverschuldet, spielt dabei gar keine Rolle. Auch ein Vorstand, der wegen einer Krankheit nicht mehr in der Lage ist, seiner Arbeit nachzugehen, muss vom Aufsichtsrat abberufen werden.“Womit wir gleich beim nächsten Problem sind: Sidlo ist bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe auf (bezahltem) Urlaub. So ist es mit dem Aufsichtsrat vereinbart. Sobald klar ist, dass die behördlichen Ermittlungen noch viele Monate dauern werden, ist auch deshalb eine Abberufung durch den Aufsichtsrat wahrscheinlich. Die Casinos wird kaum auf längere Zeit auf einen Finanzvorstand verzichten können, und der Aufsichtsrat wird wohl auch nicht auf lange Sicht bereit sein, dem beurlaubten Sidlo seine vollen Bezüge zu zahlen.
4 Können die Aufsichtsräte, die selbst Beschuldigte sind, über die Abberufung Sidlos entscheiden?
Sowohl der Aufsichtsratsvorsitzende, Walter Rothensteiner, als auch seine Stellvertreter Harald Neumann und Joseph Pröll sind Beschuldigte in der Causa Sidlo. Das Gesetz sagt dazu nichts. „Sie tun dennoch gut daran, ihr Stimmrecht nicht auszuüben, wenn über die vorzeitige Abberufung von Sidlo entschieden wird. Schließlich sind sie in den Konflikt verfangen“, sagt ein Experte zur „Presse“. Mit der Casinos-Affäre wird übrigens rechtlich Neuland betreten, denn bis dato gibt es noch keine höchstgerichtliche Entscheidung, bei der eine vergleichbare Konstellation vorgelegen ist.
5 Was ist von der Untersuchung, die der Aufsichtsrat der Casinos beauftragt hat, zu erwarten?
Der Aufsichtsrat der Casinos hat die Rechtsanwälte Georg Schima und Stephan Frotz unter anderem damit beauftragt, zu prüfen, ob bei vor und bei der Bestellung von Sidlo gegen das Gesetz verstoßen wurde oder nicht. Ihr Endbericht muss bis Ende November vorliegen. Am 5. Dezember findet eine Aufsichtsratssitzung statt.
Die Novomatic will von dem Gutachten ihr Stimmverhalten abhängig machen. Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner nahm das Ergebnis der Berichts bereits vor zwei Wochen quasi vorweg: „Ich gehe davon aus, dass Sidlo sich nichts zuschulden kommen hat lassen und er Anfang Dezember wieder im Unternehmen sein wird“, sagte sie. Kurz darauf fanden weitere Razzien statt, und ChatProtokolle wurden publik, die nicht unbedingt ein gutes Licht auf Sidlo werfen. Die Gutachter haben also keine leichte Aufgabe. Sie müssen damit rechnen, dass jederzeit etwas Neues ans Tageslicht kommt.
Risiko hin, Risiko her, dem Vernehmen nach soll der Endbericht der Anwälte für Sidlo günstig ausfallen, ihn also entlasten.