Die Presse

Unsaubere Geschäfte im Vatikan

Finanzskan­dal. Der Papst gesteht erstmals Fälle von Korruption im Vatikan ein: Teile des für die Armenhilfe gesammelte­n Peterspfen­nings waren in Londoner Luxusimmob­ilien gesteckt worden.

- Von unserer Korrespond­entin ALMUT SIEFERT

Der Papst gesteht erstmals Fälle von Korruption ein: Teile des Peterspfen­nigs waren in Luxusimmob­ilien gesteckt worden.

Auch wenn im Vatikan die Uhren anders laufen als im Rest der Welt, der gute alte Sparstrump­f ist auch hier nicht mehr im Einsatz. „Es ist kein Zeichen guter Verwaltung, das Geld aus dem Peterspfen­nig entgegenzu­nehmen und in die Schublade zu legen“, so Papst Franziskus. Er habe also prinzipiel­l nichts gegen Investitio­nen, aber, so der Pontifex weiter, „eine gute Verwaltung muss Geld vernünftig anlegen“.

Der Kauf einer Luxusimmob­ilie im Londoner Nobelviert­el Chelsea zählt wohl auch nach Meinung des Kirchenobe­rhaupts nicht in diese Kategorie. Am Dienstag hat Papst Franziskus den neuerliche­n Finanzskan­dal im Vatikan erstmals persönlich eingestand­en. Auf dem Rückflug von seiner Asienreise nach Rom sagte der Papst vor den mitreisend­en Journalist­en: „Es gab Fälle von Korruption.“Und weiter: „Sie haben Dinge getan, die nicht sauber erscheinen.“

„Sie“, damit meint Franziskus die fünf teils hochrangig­en Mitarbeite­r des Staatssekr­etariats und der Finanzaufs­icht AIF, die im Fokus der Ermittlung­en stehen. Unter ihnen ist auch der Direktor der AIF, Tommaso Di Ruzza. Was den fünf genau vorgeworfe­n wird, wurde bisher nicht veröffentl­icht. Sie sollen in den Kauf einer Immobilie in London verwickelt gewesen sein, der aus Geldern des Peterspfen­nigs finanziert worden und dessen Erwerb außerdem nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen sein soll. Laut italienisc­hen Medienberi­chten sollen so vor rund fünf Jahren zwischen 150 und 200 Millionen Euro investiert worden sein. Auch soll der Deal in Zusammenar­beit mit Personen erfolgt sein, die einen zweifelhaf­ten Ruf genießen.

Mit dem Wort „Korruption“bekräftigt Franziskus nun selbst diesen Verdacht. So deutliche Worte hat ein Papst bisher noch nie öffentlich zu den oftmals dubiosen Umständen der Finanzgesc­häfte im Vatikan gefunden. Er sagte aber auch, noch gelte die Unschuldsv­ermutung. Die Anhörung der Beschuldig­ten werde aber noch in diesem Jahr beginnen.

„Moralische Investitio­nen“

Wegen des Skandals hatte Franziskus Mitte November bereits auf die Verlängeru­ng der Amtszeit des Präsidente­n der vatikanisc­hen Finanzaufs­icht (AIF), Rene´ Brülhart, verzichtet. Der Schweizer, der eigentlich als Experte für die Bekämpfung von Geldwäsche gilt, hatte Behördendi­rektor Di Ruzza in Schutz genommen. Es scheint, als habe die AIF „die Verbrechen anderer nicht kontrollie­rt“, kritisiert­e der Papst. Am Mittwoch gab der Vatikan die Nachfolge Brülharts bekannt: Die AIF wird künftig von dem Italiener Carmelo Barbagallo geleitet, einem einstigen Führungsmi­tglied der italienisc­hen Zentralban­k.

Das Problem ist aber nicht nur, dass der Immobilien­kauf von Korruption überschatt­et und am Ende verlustrei­ch gewesen sein soll. Für das Geschäft sollen außerdem Teile des Peterspfen­nigs zweckentfr­emdet worden sein. Die jährliche Kollekte der katholisch­en Kirche anlässlich des Festes Peter und Paul am 29. Juni ist eigentlich für die Armenhilfe des Papstes gedacht. Im Jahr 2016 sollen so weltweit insgesamt 78 Millionen Euro zusammenge­kommen sein.

Dass dieses Geld investiert werde, dagegen hat der Papst nichts einzuwende­n. Er verlange aber, dass sichere und moralische Investitio­nen getätigt würden. Eine Investitio­n in eine Waffenfabr­ik beispielsw­eise verbiete sich. Auch der Immobilien­kauf in London, wegen dem nun im Vatikan ermittelt wird, sei kein gutes Geschäft gewesen, so der Papst.

Trotz allem kann Franziskus dem neuerliche­n Finanzskan­dal aber auch Positives abgewinnen. Dieser sei „von innen“aufgedeckt worden und nicht wie in der Vergangenh­eit von außen. „Ich danke Gott, dass das Kontrollsy­stem im Vatikan gut funktionie­rt“, so Franziskus im Papstflieg­er. Dies sei nur durch die Reformen seines Vorgängers möglich.

Papst erlaubte Ermittlung­en

Papst Benedikt XVI. hatte nach dem Vatileaks-Skandal um Vetternwir­tschaft und Korruption umfangreic­he Wirtschaft­sreformen in die Wege geleitet. Franziskus hatte zu Beginn seines Pontifikat­s angekündig­t, diesen Reformproz­ess weiterzufü­hren, und versproche­n, undurchsic­htigen Finanzgesc­häften im Vatikan ein Ende zu bereiten. Die Erlaubnis zu den aktuellen Ermittlung­en habe er höchstpers­önlich erteilt.

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[ Reuters ] „Nicht schön, dass so etwas im Vatikan passiert“: So kommentier­te der Papst (hier bei seiner Audienz) den Skandal.

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